The Birth of the West: Rome, Germany, France, and the Creation of Europe in the Tenth Century. Paul Collins

imageEin faszinierendes und inhaltsschweres Buch, in dem – durchaus nachvollziehbar – argumentiert wird, dass das Europa, welches wir heute kennen, ganz wesentlich im 10. Jahrhundert gegründet und geprägt wurde. Neben allem historischen, sozialgeschichtlichen, kulturellen Tiefgang bietet Collins auch immer wieder anregende und überraschende Anekdoten, so zum Beispiel über einen katholischen Heiligen:
“ Another extraordinary story  concerns the relics of Saint Guinefort (…). Though a saint, Guinefort was not a person but a heroic pet greyhound! One day when his owner was absent, a large serpent approached the cradle of the owner’s child. Guinefort attacked and killed the snake but was badly hurt himself. (…) When the parents returned, they found both cradle and dog covered in blood. Assuming Guinefort had attacked the baby, they killed him but later found the baby safe and the snake torn to pieces. Local peasant women began to ‚visit the place and honor the dog as a martyr in quest of help for their sicknesses and other needs,‘ particularly for the greyhound to cure sick babies.“
Und das Buch ist eine beeindruckende Quelle aus der Mode gekommener Vornamen wie Hatheberg, Herimann, Heriger, Hildebert, um nur das H herauszugreifen.
Gelesen habe ich die Ausgabe von 2013.

Älter werden. Silvia Bovenschen

image„Älter werden“ ist ein Buch über das Älter- und Alt-werden. Bovenschens Ich-Erzählerin führt ein Selbstgespräch, in dem sie Erinnerungen, aktuelle Eindrücke und Reflexionen in Worte fasst. Sie ist oft kritisch – auch mit sich selbst-, manchmal wehmütig, nie resigniert. Die Sprache ist einfach, fast lakonisch und dennoch poetisch:

„Wenn wir Kinder sind, ist immer noch alles möglich. Die Welt ist noch so neu und phantastisch, daß uns der Wechsel in andere Jahrhunderte, andere Weltteile, andere Identitäten keine Mühe macht. Ein strahlender Ritter zu werden, ist nicht unwahrscheinlicher, als einmal zwanzig Jahre alt zu werden. Alles steht noch in der Möglichkeitsform. Mit der Einsicht in die abnehmenden Möglichkeiten aber beschleicht die meisten von uns eine lächerliche Angst, vor sich selbst lächerlich zu werden. (…) Den meisten verdirbt der Gelenkrheumatismus die heroischen Träume. Helden sterben nicht auf Intensivstationen.“

Ein gutes und schönes Buch. Gelesen in der Ausgaben von 2013.

Kunst: The Power of Art. Simon Schama

imageWas kann Kunst bewirken? Welche Kraft, welche Energie kann ein Kunstwerk entfesseln? In diesen wunderbaren, erschütternden, beeindruckenden Filmbeiträgen erzählt Schama an acht Beispielen, wie machtvoll Kunst sein kann: Caravaggio, Bernini, Rembrandt, David, Turner, Van Gogh, Picasso und Rothko. In einer erstaunlichen und völlig überzeugenden Kombination aus Erzählsequenzen und nachgespielten Passagen reißen diese Filme den Betrachter und die Betrachterin mit. Wenn Sie sich für Kunst interessieren, sollten Sie diese Filme gesehen haben.

Beschreibung der DVDs, Schama: „The power of the greatest art is the power to shake us into revelation and rip us from our default mode of seeing. After an encounter with that force, we don’t look at a face, a colour, a sky, a body, in quite the same way again. We get fitted with new sight: in-sight. Visions of beauty or a rush of intense pleasure are part of that process, but so too may be shock, pain, desire, pity, even revulsion. That kind of art seems to have rewired our senses. We apprehend the world differently.“

The Two of Us – My life with John Thaw. Sheila Hancock

Es ist eine Liebesgeschichte und eine Doppelbiografie zweier Schauspieler. Es ist eine Geschichte vom Erwachsenwerden im England der Nachkriegszeit, vom gesellschaftlichen Aufstieg aus ärmlichen Verhältnissen. Und es ist eine Geschichte von Alkoholismus, Krebserkrankung und Sterben. Es ist eine Geschichte über die Liebe und den Versuch, gemeinsam zu leben. John Thaw war im ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert einer der beliebtesten Schauspieler Englands. Für viele bekannt durch seine 13jährige Darstellung des Inspektor Morse, einer Kriminal-Serie nach Vorlagen und unter Mitarbeit von Colin Dexter. Diese gibt es auch in mehreren ausgezeichneten DVD-Serien unter dem Titel „Morse“.

„Even though he (John Thaw) had left school, his teachers rode to his rescue, believing that acting was the path John should persue. His old headmaster … moved heaven and earth … It seemed unlikely that a boy from a council flat in Burnage, with an accent you could cut with a knife, could enter those hallowed halls (der Schauspielschule RADA).“

Hancock, Thaws zweite Frau, beschreibt in einer parallelen Erzählebene die Krebserkrankung und den Tod ihres Mannes sowie ihre Anstrengungen nach Trauer und Verzweiflung neu das Leben zu akzeptieren: „I have really lived this grief. I have been totally centred on my pain. That´s some sort of achievement. Most of my life has been postponing feeling or thinking what comes next. … Shame I had to learn though pain rather than pleasure.“

Gelesen in der Ausgabe von 2004.image

Murderous Contagion: A Human History of Disease. Mary Dobson

imageDieses Buch bietet einen ausgezeichneten Überblick über die Geschichte wesentlicher Seuchen und Krankheiten der Menschheit von Pest und Cholera über Ebola und HIV/AIDS bis hin zu Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Mary Dobson schreibt ein sehr verständliches Englisch und vermeidet schwer verständliches medizinisches Fachvokabular. Dort, wo Fachtermini nicht zu vermeiden sind, hilft wieder das klar geschriebene Glossar.
Obendrein sehr fachkundig (soweit ich das beurteilen kann….), sehr engagiert und sehr anschaulich auch mit Zitaten und einschlägigen Anekdoten zu den einzelnen Krankheiten.
Ein Beispiel zu den Zitaten und Anekdoten, unter Tuberkulose:
In 1908 a health inspector in Massachusetts was shocked to find that spitting on the floor was common in most tailors‘ shops. The shop owners, however, merely responded with: ‚of course they spit on the floor; where do you expect them to spit, in their pockets?‘ (…) Linoleum (…) became popular as a cover for wooden floors to protect people from TB. It was believed that the germs hid in the cracks between the planks (…).
Gelesen habe ich die frisch aktualisierte, noch keimfreie Ausgabe (Ebola!) von 2015.

 

John Betjeman’s Collected Poems. Hrsg. von Lord Birkenhead

John Betjeman gilt als der populärste Dichter Englands des 20. Jahrhunderts. Er gehört zu den Dichtern, derer in der Poets‘ Corner in Westminster Abbey gedacht wird (neben Shakespeare, Keats, T.S. Eliot, ….). Anzahl Bücher Betjemans in deutscher Übersetzung? Null.
„Formal konservativ und oft komisch, zeigten Betjemans Gedichte keinerlei Anklänge an die literarische Avantgarde und waren dadurch für ein breites Publikum leicht lesbar. Mit ihren oft exzentrischen Figuren und der im Alltag des zeitgenössischen Englands angesiedelten Handlung trafen die Gedichte außerdem den Nerv der Zeit und waren kommerziell sehr erfolgreich.“ – so der Eintrag in Wikipedia. Dem ist hinzuzufügen: Auch wenn seine Gedichte oft arglos daherkommen, haben sie erstaunlich viel Tiefgang.
Und er liebte anscheinend die Herausforderung, britische Ortsnamen in seinen Gedichten reimend unterzubringen:
Kirkby with Mucky-cum-Sparrowby-cum Spinx
Is down a long lane in the County of Lincs,
And often on Wednesdays, well-harnessed and spruce,
I would drive into Wiss over Winderby Sluice.

Gelesen habe ich seine Collected Poems in der dritten Ausgabe von 1970, in der leider sein besonders gelungenes Gedicht über den Ort Diss fehlt.

Empire: What ruling the world did to the British. Jeremy Paxman

imagePaxman beschreibt in seinem mitreißenden, journalistisch geschriebenen Buch, welchen Einfluss das „Empire“ auf die Briten und deren Selbstverständnis hatte und hat. „Without understanding how we looked at the rest of the world, we cannot really understand ourselves“, so Paxman zu seinem aufklärerischen Ansatz.

„(…) life in the empire promised freedom of one sort or another – from class, from creditors, from penury, from religious oppression. Living abroad offered a better life, at lower cost.“ Wie sich dies auf die eroberten Gebiete auswirkte, behandelt das Buch chronologisch. Im Fokus stehen die Regionen Karibik, Amerika, China, Indien und Asien sowie Palästina.

Paxman vermittelt sehr klar die wichtigsten Entwicklungen einerseits, ergänzt diese andererseits durch Anekdoten zu den wichtigsten Protagonisten:

„Gordon made his way up the Nile towards Khartoum in a buzz of thoughts, counter-thoughts, flashes of inspiration, second thoughts and fourth thoughts which he fired back to E. Baring in Cairo by telegraph, sometimes at the rate of  twenty or thirty a day (…) Baring soon decided that the only way to deal with Gordon´s dispatches was to let them pile up, and then to settle down in the evening and attempt to make out what was going on in his head.“

Zitiert nach der Ausgabe von 2011.

Darwin: die besten Bücher und DVDs, Literaturliste

Innerhalb der Wissenschaftsgeschichte der Evolution spielen Charles Darwin und Alfred Russel Wallace eine entscheidende Rolle. In einer Zusammenstellung der interessantesten Literatur zu beiden Entdeckern finden sich Bücher und Filme zur Entdeckungsgeschichte, Biografien und vor allem Veröffentlichungen, die nachvollziehbar machen, in welchen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Kontext die Evolutionstheorie entwickelt wurde: Literatur und Filme

Dictionary of Foreign Phrases and Classical Quotations. Hrsg. von Hugh Percy Jones

imageLetztlich ein völlig unverzichtbares Buch: Mehr als 14.000 Redensarten, Zitate, Mottos etc. etc.  aus den Werken bedeutender Autoren in lateinischer, französischer, italienischer, griechischer, deutscher, spanischer und portugiesischer Sprache. Von A wie Ab alio expectes quod alteri feceris (erwarte von anderen dieselbe Behandlung, die du ihnen zufügst), über I wie Il faut laver son linge sale en famille (man sollte seine schmutzige Wäsche nicht in der Öffentlichkeit waschen) und P wie Per troppo dibatter, la veritá si perde (durch zu viel Diskussion geht die Wahrheit verloren) bis zu Z wie Zapatero, a tu zapato (Schuster, bleib bei deinem Schuh).
Natürlich in der Ausgabe von 1910….