Courtesans and Fishcakes. James Davidson

In Courtesans and Fishcakes von James Davidson geht es um Leidenschaft. Um die richtig unwiderstehlich großen: Die Leidenschaften des Genusses. Fokus der Analyse ist das klassische Athen.

Das Buch beginnt mit der Beobachtung, dass die Griechen sehr gerne Fisch aßen. Es behandelt neben der Leidenschaft für Fisch auch die für Wein, für Frauen und junge Männer. Im zweiten Teil werden Körper-Verständnis und Ökonomie, Politik und Gesellschaft, Tyrannei und Revolution diskutiert. Hierbei gibt es wunderbare Kapitel mit Titeln wie „The Fish Missing from Homer“,“The Economy of Looking“, „Eating the Land“ und „Timarchus in Queer Street“.

Kernthese des Autors ist es, dass im klassischen Athen ein zu großer Appetit verdächtig war. Ungezügeltes Verlangen verbraucht Geld; wenn das Geld fort ist, wird der Landbesitz „versilbert“; dann werden Schulden gemacht. Doch der Appetit bleibt unersättlich. Der nächste Schritt des Gierigen besteht darin, als Politiker oder Feldherr den Staat auszunutzen und zu betrügen. In letzter Konsequenz ist der gierige Fischesser und Liebhaber von Jungen ein potenzieller Tyrann.

„It is not an accident that we know more about the pleasures of the flesh in Athens, and more from Athenians of the pleasures of the flesh in other Greek cities. The fact that this exists is a political fact. (…) Descriptions of the Athenian banquet are overwhelmingly concerned with the food and drink that were consumed, the „hired“ flute-girls and kithara-boys (…) the emphasis was always on the food itself and the sex and entertainment that accompanied it, on things that lasted only for the evening´s duration.“

Dabei führt Davidson aus, dass sich antike griechische Moralgebote grundsätzlich von denjenigen aus jüdisch/christlichem Kulturkreis unterscheiden: Setzt der letztgenannte auf klare Gebote und Verbote – du sollst/du sollst nicht -, geht es in der klassichen Antike um das richtige Maß, das Maß-Halten.

Alle Menschen wollen ihrem Verlangen nachgeben, davon ging man ganz selbstverständlich aus. Nur die Intensität des Widerstands kennzeichnet Menschen als standhaft und „moralisch“. Aber die Zügellosigkeit weckte in der „Demokratie“ Athens Erinnerungen und Ängste an ein nur mühsam besiegtes Ungeheuer: die Tyrannei.

Das Buch ist eine sehr interessante, unterhaltsame Zusammenschau von Themen. Wer sich für die Kombination aus Essen, Trinken, Sex und Macht interessiert, wird es bestimmt mit Genuß lesen!

Nur der Einstieg mag vielleicht ein kleine Hürde sein. Hierin geht es um die etymologischen Ableitungen und Verwandschaften zwischen Worten, mit welchen Genüsse des Konsums beschrieben werden. Diese Erläuterungen tragen wesentlich zur Stichhaltigkeit der Argumentation bei, sie sind allerdings für all die Nicht-Altphilologen unter uns nur auf abstaktem Niveau nachvollziehbar.

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Forschungsschwerpunkte von James Davidson sind:

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