Friedrich der Große: Ein gelungenes Buch, diese neue Biographie von Tim Blanning, rundum gelungen. Und dieses Lob gehört vollständig dem Autoren, denn das Objekt des Schreibens, den umstrittenen Preußenkönig, haben schon viele andere gewählt und sind damit oft auf tiefer liegenden Stufen des Gelingens oder auf ganz woanders hin führenden Treppen gelandet.
Blanning ist Historiker aus Cambridge, mittlerweile im Teilruhestand, mit dem verdienten Ruf, exzellente Bücher zu schreiben, die neue Perspektiven schaffen. Sehr positiv rezensiert („history writing at its glorious best„, The New York Times) wurde beispielsweise auch „The Pursuit of Glory: Europe 1648-1815“. 2002 erhielt er einen Preis für „the best book in any language on early modern Europe“. Er hat ein offensichtliches Talent, gut lesbar, spannend, auf hohem intellektuellen Niveau und obendrein amüsant zu schreiben. Darüber hinaus äußert er sich ebenso profund wie ungeschwätzig über Politik wie Militärstrategie, Musik, Literatur, Kultur im breitesten Sinne. Und dies zu können, ist gerade bei Friedrich dem Großen eine entscheidende Voraussetzung.
Beeindruckt hat mich zum Beispiel die Beschreibung der „Rehabilitierung“ Friedrichs nach dem für ihn befreienden Tod seines Vaters. Blannings nennt drei wesentliche Elemente:
- „Firstly, he deployed the very considerable financial assets inherited from his father to create for himself a comfortable, not to say luxurious, material environment.“ Hierzu gehören der Bau der Oper, die Vergrößerung zweier Paläste, die Anschaffung von Büchern, Bildern, Porzellan…
- „Secondly, he gathered around him a French-speaking intelligentsia to provide him with intellectual stimulation and to serve as an audience for his wit, philosophical disquisitions, literary creations and musical performances.“
- Und zuletzt „the third route to repairing the damage inflicted by his father: to do what the latter desired most, but to do it better. (…) It meant the assertion of the rights of the Hohenzollern family against the rival Wettins of Saxony, Wittelsbachs of Bavaria or Habsburgs of Austria, and the elevation of Prussia to great-power status.“
Angenehm ist beim Lesen, dass sich Kapitel über Politik, Kultur, Krieg und Charakter immer wieder abwechseln und wechselseitig beleuchten. Dies verstärkt den Eindruck von Vielschichtigkeit oder Dreidimensionalität. Zugleich vermeidet es Ermüdung.
Eine Leseprobe zur politischen Situation nach dem zweiten Schlesischen Krieg:
„His seizure of Silesia in 1740, and successful defence of his booty in the five years that followed, had alarmed every other major European power.What had been most disturbing? The brutal aggression of the original invasion? The astounding feats of the Prussian army? The speed of decision and execution? The devious diplomacy? The repeated abandoning of allies? The reputation for cynicism and godlessness? Into the staid, slow-moving world of great-power diplomacy (…) there had barged a disruptive intruder, a parvenu upstart with boundless presumption. Louis XV may have thought that the invasion of Silesia was the act of a lunatic, but Frederick had shown that when madness succeeds, it has to be renamed audacity.“
Gelesen habe ich die englischsprachige Erstausgabe von 2015. Eine deutsche Übersetzung ist noch nicht angekündigt
2 Gedanken zu „Frederick the Great: King of Prussia. Tim Blanning“
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