Jung, reich, sexy und dann auch noch Detektivin. Das ist Phryne Fisher. Von ihrem Vater versehentlich statt nach einer Muse nach einer Hetäre benannt.
Das Versehens des Vaters hatte im Nachhinein seine Berechtigung, beschreibt eine Nebenfigur doch Phryne Fisher als eine Nymphomanin mit außergewöhnlicher Toleranz bei der Wahl ihrer Partner. Allerdings ist Pikanterie nicht alleiniges Merkmal der Fisher-Krimis. Es ist eher die Funktion eines Epos Australiens in Krimi-Form. Alle wesentlichen Themen der 1920er Jahre kommen vor in historisch korrekt recherchierter Weise: Tennis, Autorennen, Kleinflugzeuge, illegale Abtreibungen, Zirkus, Boxen, Varieté, Haute Couture, Frauenzeitschriften, Folgen des 1. Weltkriegs, Stummfilm ….
Trotz oder eher parallel zu diesen Themen bringt Greenwood die unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen und -schichten in ihren Detektivgeschichten zusammen: Einwanderer aus China, Italien und Russland, jüdische Gemeinden, Aborigines, adelige Briten, schwarze Amerikaner, Lords, Küchenmädchen, Taxifahrer, Ladenbesitzer, Nonnen und und und.
Es entsteht das Bild vom Schmelztiegel Australien. Australien als Land, das vielen unterschiedlichen Menschen zur Heimat wurde und diese Vielfalt als Reichtum erlebt. Berühungsängste oder Standesdünkel hat Phryne Fisher nie. Ihre Erschafferin zeichnet sie als eine wahrhaft demokratische Figur.
Seit der außerordentlich erfolgreichen Verfilmung der Phryne Fisher-Romane sind auch die Unterschiede zwischen Büchern und Filmepisoden interessant. Die Phryne Fisher der Filme ist sexuell zurückhaltender, der wichigste Polizist, Detective Inspector Jack Robinson, wird aufgewertet zu einer passablen zweiten Hauptfigur, so dass eine Liebesgeschichte möglich ist. Die Bücher sind narrativ vielschichtiger und beleuchten oft in großer Detailtiefe Aspekte der historischen Entwicklung Australiens.
Nur als Beispiel möchte ich aus der Cover-Beschreibung von „Murder on a Midsummer Night“ zitieren: „Melbourne, 1929. The year starts off for glamorous private investigator Phryne Fisher with a rather trying heat wave and more mysteries than you could prod a parasol at. (…) „I must say Jack, I have been in some awful company before – I have dined with torturers and Apaches and strict Plymouth Brethren and politicians – but I never met such vile company as those people. Each in his or her own way, they were frightful.““
Beide, Filme und Bücher, sind ein Vergnügen.
Hier gibt es weitere Anregungen zu den besten unbekannten Krimis.