No Voice from the Hall – Early Memories of a Country House Snooper. John Harris

Dieses Buch erzählt die Geschichte englischer Herrenhäuser, denen das Schicksal nicht hold war. Es berichtet von Häusern, die es mittlerweile nicht mehr gibt oder nur noch in extrem veränderter Form.

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Herrenhäuser in England

Ist England nicht das Land voller wunderbarer Herrenhäuser? Ja, das ist es. Dennoch wurden in den späten 1950er Jahren jede Woche zwei bis drei Häuser zerstört. Jede Woche. Und nicht einfach die architektonisch und historisch unbedeutenden. Es waren Häuser gebaut von bekannten Architekten für wichtige Familien. Häuser gefüllt mit geschnitzten Treppen, Marmorkaminen, Stuckdecken, Kronleuchter, Möbeln, Porzellan… und umringt von Gärten oder Parks.

Bildergebnis für destroyed Country Houses Britain

Harris erzählt, wie er als Junge dazu kam, mit seinem Onkel verlassene Herrenhäuser zu besichtigen. Wie dies zu einer Leidenschaft wurde, weiter angeheizt durch Kenntnisse im Handel mit Antiquitäten sowie die Arbeit für Nikolaus Pevsners ambitionierte Nachschlagewerke zur Architektur Englands.

„Up, over and in“: Country House Snooping

Er erzählt auch vom schmerzlichen Zauber, die Reste dieser „houses in distress“ zu entdecken, und von seiner Wut über die verantwortungslose, oft willkürliche Zerstörung. Das Buch enthält kleine Essays, die diese Entdeckungsgeschichten des Autors beschreiben: über den Zaun, durch den Stacheldraht, durchs Fenster: „When I turned to look at the door (…)  the most bizarre item in this bizarre room was a huge nineteenth-century gilt picture frame, missing its picture, that had been buckled into a corner.“

Cover

Welche Schicksalsschläge hatten die Häuser in Not gebracht?

Viele Häuser wurden im 1. Weltkrieg von ihren Besitzern für humanitäre, seltener militärische Zwecke zur Verfügung gestellt. Im 2. Weltkrieg wählte die britische Regierung gezielt Häuser für militärische Zwecke aus, z. B. für die Unterbringung von Soldaten oder von Kriegsgefangenen. Die Schäden, die diese Nutzung angerichtet hatten, waren derart weitreichend, dass die ihnen gegenüber stehende geringe Kompensation eine Restaurierung für die Besitzer häufig unmöglich machte. Dazu kamen hohe Erbschaftssteuern in der Nachkriegszeit, vandalierende Jugendliche,  Regen, Schimmel…

Erst die Ausstellung „Destruction of the Country House“ von 1974, organisiert von John Harris und Marcus Binney, rief der englischen Öffentlichkeit ins Bewusstsein, in welchem Ausmaß sie dabei war, ihr architektonisches Erbe zu zerstören.