Es hat nicht geklappt. Und ich habe es wirklich versucht. Mehrmals. An mehreren Tagen hintereinander. Zu verschiedenen Tageszeiten. Auch mit unterschiedlichen Getränken. Aber es geht nicht. Ich schaffe es nicht mehr, Bücher von Umberto Eco zu Ende zu lesen. Bei „Der Name der Rose“ war es überhaupt kein Problem. In „Der Friedhof von Prag“ stand für mich eine Mauer auf Seite 46. Dort hörte der Leseweg für mich auf. Und Darüberklettern wollte ich nicht.
Umberto Eco (1932 – 2016) ist zweifellos ist einer der wenigen sehr angesehenen Wissenschaftler (für Semiotik; Dutzende von Ehrenprofessuren), die auch literarisch sehr erfolgreich waren (Verdienstorden; Buchpreise; Bestseller).
„Der Name der Rose“ war ein wirklicher Renner, hoch-spannend, mit seinen inhaltlichen Ausflügen in die Scholastik, die Kirchengeschichte und zu Aristoteles wirklich nicht flach, literarisch ebenfalls anspruchsvoll, sehr gut strukturiert und konzipiert. Lesefreude rundum.
„Das Foucault’sche Pendel“ war dann schon mühsam, aber ich bin immer noch in den dreistelligen Seitenbereich vorgedrungen. Bei „Baudolino“ habe ich ausgesetzt….
Jetzt also „Der Friedhof von Prag“, auf italienisch „Il cimitero di Praga“, der sechste Roman von Eco, erschienen 2010, von Burkhart Kroeber 2011 ins Deutsche übersetzt.
Spannung? Empfinde ich nicht.
Intellektuelle Inhalte? Viele, aber sie wirken wie ein Selbstzweck, wie selbstverliebte Ausflüge, wie Zeigefinger auf den gebildeten Autoren.
Literarisch gekonnt? Gut strukturiert? Ich finde nicht. Bis zu der Stelle, die ich noch erreicht habe, wirkte alles mechanisch, durch-dekliniert, seltsam seelenlos.
Worum wäre es gegangen? Der Klappentext sagt: „Der Italiener Simon Simonini lebt in Paris, und er erlebt eine dunkle Geschichte: geheime Militärpapiere, die der jüdische Hauptmann Dreyfus angeblich an die deutsche Botschaft verkauft, piemontesische, französische und preußische Geheimdienste, die noch geheimere Pläne schmieden, Freimaurer, Jesuiten und Revolutionäre – und am Ende tauchen zum ersten Mal die Protokolle der Weisen von Zion auf, ein gefälschtes »Dokument« für die »jüdische Weltverschwörung «, das fatale Folgen haben wird. Umberto Eco erzählt eine Geschichte des 19. Jahrhunderts – eine Geschichte, die tief in die Vergangenheit eindringt und doch immer auch von unserer Gegenwart erzählt.“
Ein Beispiel für die mühsame Arbeit, die den Leser erwartet, ist gleich der erste Satz:
„Il passante che in quella grigia mattina del marzo 1897 avesse attraversato a proprio rischio e pericolo place Maubert, o la Maub, come la chiamavano i malviventi (già centro di vita universitaria nel Medioevo, quando accoglieva la folla degli studenti che frequentavano la Facoltà delle Arti nel Vicus Stramineus o rue du Fouarre, e più tardi luogo dell‘ esecuzione capitale di apostoli del libero pensiero come Étienne Dolet), si sarebbe trovato in uno dei pochi luoghi di Parigi risparmiato dagli sventramenti del barone Haussmann, tra un groviglio di vicoli maleodoranti, tagliati in due settori dal corso della Bièvre, che laggiù ancora fuoriusciva da quelle viscere della metropoli dove da tempo era stata confinata, per gettarsi febbricitante, rantolante e verminosa nella vicinissima Senna.“
„Der Passant, der an jenem grauen Morgen im März 1897 auf eigene Gefahr die Place Maubert überquert hätte – „la Maub“, wie sie im Ganovenmilieu genannt wurde (einst Zentrum des universitären Lebens im Mittelalter, Treffpunkt der Studenten, die an der Fakultät der Freien Künste am Vicus Stramineus, heute Rue du Fouarre, studierten, dann Pranger-, Folter- und Hinrichtungsstätte für Jünger des freien Denkens wie Étienne Dolet) -, wäre in eines der wenigen Viertel von Paris gelangt, das von den Planierungen des Barons Haussmann verschont geblieben war, ein Gewirr übelriechender Gassen, zerschnitten vom Lauf der Bièvre, die damals dort aus den Eingeweiden der Metropole herauskam, in denen sie so lange eingepfercht gewesen war, um sich fiebernd, gurgelnd und voller Würmer in die nahe Seine zu ergießen.“
Am Übersetzer lag es dabei wirklich nicht: Hut ab.