Die Autorin, Jacqueline Winspear, Britin mit Wohnsitz in den USA, hochgelobt. Der Krimi, 2013 erschienen, spielt im England der 1930er Jahre. Die Detektivin, Maisie Dobbs, gefeiert als „a revelation“. Das Delikt, Mord an zwei Inderinnen in London, bietet das Potenzial, farbenfroh zu werden.
Da kann ja nicht mehr viel schiefgehen.
Neu-klassisch startet Winspear mit Zitaten, eines von Dante, eines von Kipling. Das dritte, von Beryl Markham, schafft gleich etwas Atmosphäre: „I have learnt that if you must leave a place that you have lived in and loved and where all your yesteryears are buried deep, leave it any way except a slow way, leave it the fastest way you can.“
Dann eine kurze Szene, eine Inderin geht an einem Geschäft vorbei in einer Gegend, wo normalerweise keine Inder zu finden sind. Die Engländer, die sie sehen, runzeln die Stirn.
Anschließend ist die Inderin tot, erschossen, aufgefunden treibend in einem Kanal von einer Gruppe spielender Kinder.
Gar nicht schlecht gemacht, Interesse wird geweckt, Spannung aufgebaut, ein Netz für einen guten Plot gewebt. Die historischen Details für die 30er Jahre sind da, nicht zu viele, nicht zu aufdringlich. Kein Kostümschinken.
Bemerkenswert, dass Winspear Versehrtheit zeigt. Viele der Charaktere leiden unter dem vergangenen ersten Weltkrieg. Einige sind psychisch angeschlagen, viele auch körperlich mit Narben, fehlenden Gliedmaßen, humpelnd. Vielleicht abgeschaut bei der australischen Phryne Fisher-Serie, vielleicht natürlich aber auch selbst erfunden.
Andererseits entsteht – bei mir – keine rechte Begeisterung, die Spannung flacht schnell ab, das Interesse an den Charakteren erlahmt, die Lösung ist nicht mehr lang erwartet. Vieles wirkt zu lang, besonders der Schluss, wo über Seiten hinweg auch der letzte lose Faden noch verwebt und verknotet wird.
Etliches ist mir auch zu platt psychologisierend; vor Allem in den Partien, in denen die Detektivin ihr kleines Team führt. Da wird das kleine Einmaleins der klassischen Führung à l‘ Anglaise lang ausgebreitet: Alle Entscheidungen beim Chef, die aber verständnisvoll darüber nachdenkt, was gerade in ihren Mitarbeitern vorgeht.
Vielleicht auch ein Faktor, dass Winspear zu viele Erzählhaltungen im Wechsel einnimmt, insbesondere den allwissenden Erzähler, der bis in die Seelen schaut, aber auch Ich-Erzählung, die allerdings seltsam in der dritten Person abgewickelt wird.
Ein verhaltenes „Kann man lesen“, mehr wird’s bei mir nicht. Und das Buch an Oxfam weitergegeben. Was irgendwie auch schade ist, denn da wäre mehr drin gewesen.
Ein Gedanke zu „Leaving everything most loved. Jacqueline Winspear“
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