Outsider II. Brian Sewell

Den ersten Teil der Autobiographie von Brian Sewell, einem sehr einflussreichen britischen Kunsthistoriker und -kritiker, hatte ich schon an anderer Stelle besprochen. Damit es nicht bei einem halben Leben bleiben muss, folgt dieses Mal der zweite Teil, von Sewell auch so betitelt: „Outsider II, always almost, never quite“.

Diese Fortsetzung fängt für mein Empfinden etwas schwach, umständlich und langweilig an. Wahrscheinlich hat sich auch Sewell beim Schreiben ziemlich gequält,  bis endlich Kapitel 8 hinter ihm lag, in dem er sich mit der Blunt-Affäre und seiner eigenen Rolle darin beschäftigt. Ein Autobiograph, der sich volle, ungeschönte Wahrhaftigkeit beim Schreiben als Maßstab gesetzt hat, kann an diesem Kapitel nur scheitern. Und das sah Sewell sicherlich kommen. Scheitern tut er und das Kapitel auch, aber nicht kläglich, sondern durchaus anständig.

Blunt, hier im Bild, war ein Miglied der sogenannten „Cambridge Five“, die als Mitglieder des britischen Geheimdienstes und auch der CIA bis in die 50er Jahre die Sowjetunion mit Informationen versorgten und als erfolgreichste Agenten in westlichen Nachrichtendiensten gelten. Der Roman „Dame, König, As, Spion“ von John le Carré, den wahrscheinlich viele gelesen haben,  befasst sich ebenfalls mit der Affäre.

Sewell war ein Student von Blunt am Courtauld-Institut und danach ein Freund, der auch nach Blunts Enttarnung auf beträchtliches eigenes Risiko weiter zu ihm hielt, ohne mit der Sowjetunion und Blunts Spionage-Tätigkeit zu sympathisieren. Sewells eigene Karriere als Kunsthändler war anschließend irreparabel beschädigt.

Gerne gelesen habe ich die Biographie allerdings erst nach diesem Kapitel, wenn er über seine Zeit als Kunstkritiker schreibt, über sein schwieriges Verhältnis zu seiner Mutter, über seine Erfahrungen mit dem Fernsehen und auch über seinen zunehmend klapperigen und kranken Körper, dessen Herz nach und nach seinen Dienst verweigert. Dies sind die Kapitel, in dem die ungeschönte Offenheit Sewells am Besten zur Wirkung kommt.

Wie immer hält Sewell seine Garantie für gute Zitate und Anekdoten. Als Kunstkritiker des London Evening Standard machte sich Sewell wenig Freunde, hatte aber eine Zeit lang einen Herausgeber, der ihm den Rücken freihielt. Dieser Herausgeber schrieb, als sich der Stabschef des Erzbischofs von Canterbury beschwerte:
„Brian Sewell is indeed intemperate … In recent months I have dealt with outraged correspondences about his column from assorted Zionists, art dealers, Scots, Jews and so on. If there is any section of society he has so far failed to take on, I am sure that he will soon remedy the deficiency. It is probably fair to say that dogs are the only people for whom he feels unqualified enthusiasm … I am sure the Archbishop is quite grown-up enough to take the view that if the likes of Brian Sewell are capable of stoking up fires too hot for him to bear, then he is likely to find the going very tough in the afterlife.“