Berühmt durch Sissinghurst, ihren Garten. In den es heute Tausende Besucher zieht, so dass an manchen Tagen nur zeitlich begrenzte Tickets ausgegeben werden können. Als Schriftstellerin in Deutschland wenig bekannt, wenn überhaupt, weil sie das Vorbild der Hauptfigur in Virginia Woolfs „Orlando“ ist.
Sackville-West stammte aus dem britischen Adel. Und hatte ein Problem: den Herrensitz der Familie, den sie innig liebte, den sie als einen lebendigen Organismus sah, der ihr Identität gab, diesen Herrensitz konnte sie als Mädchen nicht erben.
Mann sein ist besser
Das Buch von Dennison zeichnet nach, wie Sackville-West zur Auffassung gelangte, dass Mann sein besser ist. Männer erben Herrenhäuser, sind stark und mächtig, stehen in der Tradition einer adeligen, kavalierhaften Welt. Zeit ihres Lebens hat Sackville-West mit maskulinen Rollen gespielt. Der Edelmann und der Dichter waren entscheidende Inpretationen ihres Selbst.
Die zwei Seiten
Das Mann-sein nicht immer eine hilfreiche Lösung ist, war Sackville-West früh klar. Ihre Ehe war glücklich, auch weil sie mit einem homosexuellen Mann verheiratet war. Sie selbst hatte viele Liebhaberinnen. Um das sich selbst zu erklären, erfand sie eine Argumentation, die sich aus englischen sowie aus spanischen Wurzeln ihrer Vorfahren speiste. Immer wieder waren ihre literarischen Werke auch Varianten des Zwei-Herzen-stecken-ach-in-meiner-Brust.
Die Schriftstellerin, also der Dichter plus die Frau
Und in ihren Romanen und Gedichten konnte sie ausloten, heute würden wir wohl sagen „probehandeln“, welche ihrer Gefühle ihr besonders wichtig waren und was diese auslösen konnten. So sind laut Dennison die Charaktere ihrer Bücher immer auch in Teilen Selbstdarstellungen der Autorin. Auch heute noch lassen sich sehr gut ihre Romane „The Edwardians“ und das wunderbare Buch über das Alter „All Passion Spent“ lesen. Und natürlich „Orlando“.
Mit Sissinghurst jedoch hatte sie sich ein Mini-Knole geschaffen – natürlich stammen Ruinen von Sissinghurst aus der Tudor-Zeit und selbstverständlich war ein Sackville zu Besuch – und einen Kindheitstraum verwirklicht: Sie als Poet in einem Turm. Hoch über der Welt.
Die Biografie von Dennison packt zwischen zwei Buchdeckel die Masken, die Porträts, die Gesichter Vita Sackville-Wests: auf der Vorderseite ihr Porträt „Lady with a red hat“ von William Strang, und die Rückseite zeigt eine Fotografie der vom Leben gezeichnete Frau.