Memoirs of a Geisha. Arthur Golden

Diese Memoiren einer Geisha aus dem Japan der ersten Hälft des 20. Jahrhunderts sind eine ausgezeichnete Einführung für all diejenigen, die sich auf eine Japan-Reise vorbereiten oder generell japanische Kultur besser verstehen wollen. Die Lebensgeschichte ist erfunden. Eine kurze einführende Bemerkung des fiktiven Übersetzers erklärt den Lesenden, dass die Dame ihm ihre Erinnerungen erzählt hat. Dass er diese Erzählungen mit einem Kassettenrekorder aufgenommen und später übersetzt hat.

Die Geschichte, die Arthur Golden über seine Haupt-Figur Sayuri berichtet, liest sich unterhaltsam und spannend. Hierzu tragen die Ingredienzien bei: Feindschaften, Verschwörungen, der Kampf um Anerkennung, eine große Liebesgeschichte.

Arthur Golden, 1957 in Tennessee geboren, studierte in Harvard Kunstgeschichte mit dem Schwerpunkt japanische Kultur. Anschließend verbrachte er mehrere Jahre in Japan. Golden schreibt einfühlsam und lässt überzeugend die Innensicht einer Frau aus ganz anderen Kulturkreis entstehen. Der ganz große Vorteil dieses Romans ist jedoch seine fundierte Detail-Kenntnis. Auf diese Weise lernen die Leser unterhaltsam verpackt, was das Leben von Geishas in Kyotos Vergnügungsviertel Gion bis zum 2. Weltkrieg ausmachte.

„White makeup causes all sorts of curious illusions; if a geisha were to paint the entire surface of her lips, her mouth would end up looking like two big slices of tuna. So most geisha prefer a poutier shape, more like the bloom of a violet. Unless a geisha has lips of this shape to begin with – and very few do – she nearly always paints on a more circle-shaped mouth than she actually has. But as I have said, the fashion in those days was to paint only the lower lip …“

Sayuri stellt hierbei als Geisha der gehobensten Klasse einen Gegenpol zu Sayo Masuda dar. Siehe hierzu die Besprechung der authentischen „Autobiographie of a Geisha“.

Der Roman ist auch in deutscher Übersetzung unter dem Titel „Die Geisha“ zu haben.

Autobiography of a Geisha. Sayo Masuda

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Welche Rolle spielen Geishas in Japan? Welche gesellschaftliche Position haben sie? Der Beruf der Geisha hat seine Ursprünge in den Alleinunterhalterinnen bei Hof, die es seit dem 17. Jahrhundert in Japan gab. Sie waren Trendsetterinnen der Mode und ab dem 19. Jahrhundert zunehmend Bewahrerinnen der traditionellen Künste.

Die Autobiografie einer Geisha berichtet über das Leben am unteren Ende der Skala. Dort, wo Mädchen unter 10 Jahren von ihren Familien an reichere Menschen ausgeliehen werden , um dort als Kindermädchen zu arbeiten. Dort, wo Mädchen an Geisha-Häuser verkauft werden. Dort, wo Hunger und Schläge zum Alltag gehören und eine Geisha eine Prostituierte ist. Aus der ersten Arbeitsstelle des Kindes ist diese Leseprobe: „As for filling my stomach, I was entirely at the mercy of others for my meals. There was a chipped bowl that they left under the sink in the kitchen into which they put their leftover rice and soup. If there were lots of leftovers, then even with just that one bowl I´d be full; but if nothing had been left, then that was that.“

Die Autorin erzählt, wie sie an ein Geisha-Haus verkauft wird, dort als Novizin in Tanz und Musik Unterricht erhält und zu verstehen versucht, worin die Aufgabe von Geishas besteht. Sie berichtet, dass Geishas in der Regel 10 Jahre lang für das Haus, welches sie gekauft hatte, arbeiteten. In den ersten Jahren gingen all ihre Einkünfte dort hin, später konnten sie die Trinkgelder selbst behalten.

Porträt einer Geisha, die traditionell geschminkt ist

„I did my best to live by that creed of resignation, but in the Geisha business it isn´t just to do as you´re told; you have to make a real effort. To make everyone, everywhere in your presence, feel that you´re sexy requires constant care and attention.“

Sayo Masuda wurde 1925 geboren. Sie ging nie zur Schule und konnte deshalb nicht schreiben. Ein Liebhaber hat ihr die einfache japanische Schrift beigebracht, die Kinder als erstes in der Schule lernen. Sie hat sich, um Geld zu verdienen, bei einem Wettbewerb beteiligt, den ein Hausfrauenmagazin ausgeschrieben hatte. Sie erhielt den zweiten Preis und ihr Text wurde 1957 veröffentlicht. Der im Buch vorliegende Text orientiert sich möglichst eng an dem ursprünglichen japanischen Original-Text, so wie er durch Sayo Masuda formuliert wurde. Die Autobiografie ist chronologisch aufgebaut. Sie beginnt mit der Arbeit des Kindes als Kindermädchen, berichtet von der Ausbildung zur Geisha, der täglichen Arbeit und den Versuchen, auszubrechen und ein anderes Leben aufzubauen.

 

Japanische Literatur: Snow Country. Yasunari Kawabata

Dieser moderne Klassiker der japanischen Literatur ist kalt wie der Schnee und heiß wie die Liebe. Und so wie kalt und heiß nicht zusammenpassen, ist eine Liebesgeschichte, die in dieser Schneelandschaft spielt, zum Scheitern verurteilt. In diesem kurzen Roman beschäftigt sich der reiche Shimamura zu seinem Vergnügen mit dem westlichen, klassischen Ballett. Hierfür ist er ein ausgewiesener Experte; dennoch hat er noch niemals eine Aufführung gesehen. Dies möchte er auch nicht. Komako hatte sich bei ihrer ersten Begegnung in Shimamura verliebt. Während er bei Frau und Kindern war, ist sie zu einer Geisha geworden.

Die Sprache ist knapp und voller Anspielungen. Das Ausgesprochene und das Nicht-Verbalisierte halten sich die Schwebe. Beschreibungen der eisigen Landschaft ersetzen zum großen Teil die Beschreibung von Gefühlen. Nur hin und wieder erfahren die Lesenden etwas von Shimamuras Gedanken. Komako bleibt unerklärt. „It was a stern night landscape. The sound of the freezing snow over the land seemed to roar deep into the earth. There was no moon. The stars, almost too many of them to be true, came forward so brightly that it was as if they were falling with the swiftness of the void.“

Snow Country“ ist von 1956. Die Sprache ist in den Dialogen knapp, beinahe fühlt man sich an Beckett erinnert: „Shimamura put his hand to the woman´s throat. „You´ll catch cold. See how cold it is.“ He tried to pull her back, but she clung to the railing. „I´m going home.“ Her voice was choked. „Go home, then.“ „Let me stay like this a little longer.“ „I´m going down for a bath.“ „No, stay here with me.“ „If you close the window.““

Yasunari Kawabata  war ein japanischer Schriftsteller, geboren 1899, gestorben ist er durch Selbsttötung 1972. Er hat 1968 den Nobelpreis gewonnen. „Snow Country“ war eines der Werke, die die Jury in ihrer Begründung erwähnt hat.

In der Bibliografie von „Kissing the Mask“ von Willam Vollmann – siehe den Beitrag hierzu – habe ich gelesen, dass es ein Buch gibt, das die Geschichte Kawabatas neu erzählt, nämlich aus der Sicht Komakos. Diese Idee finde ich sehr reizend. Für alle, die sich für Japan und japanische Kultur interessieren, ist „Snow Country“ ein schönes, sehr lesenswertes Buch. Gelesen habe ich die Übersetzung aus dem Japanischen von Edward G. Seidensticker. Den Roman gibt es auch in einer deutschen Übersetzung mit dem Titel „Schneeland“.