Hawksmoor. Kerry Downes

Christopher Wren? Kenne ich. St Paul’s in London.
John Vanbrugh? Schon einmal gehört. So Monumentalbauten, oder? Blenheim Palace und so.
James Gibbs? Hat der nicht in Oxford etwas gebaut?
Aber Nicholas Hawksmoor??? Nein, ist mir noch nicht untergekommen.
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Architekturhistoriker hätten wahrscheinlich anders geantwortet, aber auch in diesem Kreis zählt Hawksmoor sicherlich nicht zu den Top-Shots unter den Architekten des britischen Barock. Gelebt hat er von 1661 bis 1736. England verlassen hat er nie. Wren, Vanbrugh, Gibbs? Kennt er, hat er mit gearbeitet.

Drei Umstände haben Hawksmoor um seinen Nachruhm gebracht: Er hat sein Handwerk der Architektur richtig gelernt; und damals waren die Amateur- und Quereinstiegsarchitekten viel besser im Rennen. Er war kein Alpha-Tier und hat den anderen das Rampenlicht gelassen. Nur wenige seiner Komplett-Entwürfe sind gebaut worden und erhalten.

Ikonen englischer Architektur wie Castle Howard, Blenheim Palace, Westminster Abbey, Greenwich Hospital, Radcliffe Camera würden ohne seine Entwürfe, ohne seine Mitarbeit sehr anders aussehen. Das für mich beeindruckendste seiner Werke, Easton Neston, hat man ihm lange Zeit nicht zugeschrieben.

Dabei ist gerade Easton Neston in der Fassadengestaltung und in der Dramaturgie der Raumaufteilung unter den sehr gelungenen Lösungen der Architekturgeschichte sicherlich ganz weit vorne dabei. Einen Eindruck vermittelt ein ausgezeichnetes Porträt dieses Gebäude und seiner Geschichte auf einer DVD von Dan Cruickshanck.

Kerry Downes ist ein ausgewiesener Kenner von Hawksmoor. Er schreibt architekturhistorisch sehr bewandert, gelegentlich vielleicht auch zu kenntnisreich für den Laien. Andererseits schafft er es immer wieder, Dinge sehr prägnant auf den Punkt zu bringen, zum Beispiel zum Unterschied zwischen Hawksmoor und Vanbrugh: „(…) the latter’s Approach to architecture was basically simple whereas Hawksmoor’s may fairly be called basically complex.“
Downes‘ Buch erschien 1969. Dafür ist es gut illustriert. Allerdings würde man ihm die zwischenzeitlich viel besser gewordenen Möglichkeiten heutiger Illustrationen wünschen, um alle Nuancen seiner Analysen und Beobachtungen besser zu verstehen.