Ein blendender Spion. John le Carré

Die Vorgeschichte war ideal: Ein heißer, etwas schwüler Tag in Windhoek. Ein Gewitter lag in der Luft, aber wahrscheinlich nicht für heute. Eine alte Brauerei, ein halb verlassener Parkplatz, ein paar undurchsichtige Typen, die neben ihren Autos auf irgendetwas warten. Verstreute deutsche Touristen auf der Suche nach ihrem nächsten Windhoek Lager. Der Blick fällt auf eine Buchhandlung, „die beste Buchhandlung in Namibia“. Die alte Frau darin schaut melancholisch, nicht viel los, wer liest schon Bücher in Windhoek. Auf dem Stapel mit der Nummer 75 ganz oben wie dort für mich hingelegt dieses Buch: „Ein blendender Spion“.

Aber so wie auch in Windhoek nicht alles toll ist, sind nicht alle Bücher von le Carré wirklich gut. „A perfect spy“ gehört aus meiner Sicht in die eher mäßige Kategorie. Damit stehe ich allerdings anscheinend allein. The Sunday Times bemerkt: „Without doubt his masterpiece (…) Universally acknowledged as a perfect work of fiction.“ Oder Philip Roth: „The best English novel since the war.“ Die Los Angeles Times: „Le Carré’s best book, one of the enduring peaks of imaginative literature in our time.“ Alles zitiert auf der Rückseite des englischen Taschenbuchs. Fühlt man sich richtig schlecht, wenn man’s selber anscheinend nicht mitbekommt, wie toll das Buch ist, dass man gerade zu lesen versucht…

Andererseits: Vielleicht wäre es ja noch toll geworden, als ich auf Seite 197 aufgegeben habe (so lange habe ich durchgehalten, obwohl ich immer gegen die aufkommende Müdigkeit und Langeweile kämpfen musste!) . Nur noch 500 Seiten und du hast es geschafft! Nein, wirklich nicht mehr. Ich lese lieber etwas anderes („When we were orphans“ von Ishiguro, spannend, überzeugend, berührend ab Seite 1, mehr dazu demnächst in diesem Blog).

Warum geht es in dem Buch?
Der deutsche Klappentext verrät: „Magnus Pym, Angehöriger der britischen Botschaft in Wien und dort für Geheimaufträge zuständig, ist spurlos verschwunden. Seine Frau, sein Vorgesetzter und die Londoner Geheimdienststellen werden zunehmend unruhig. Und auch andernorts beginnt man, sich Sorgen zu machen.“
Ausführlicher die Inhaltsangabe in Wikipedia.

Warum gehört es für mich nicht zu den Gipfelereignissen der Nachkriegsbelletristik?
Weil bei mir keinerlei Spannung aufkommt, die Personen nicht interessant genug werden, ich kein Interesse am weiteren Verlauf des Plots gewinne, zu offensichtlich Sex & Crime eingesetzt werden, anscheinend nicht mit Sorgfalt geschrieben wurde, sondern eher viel (700 Seiten, siehe oben!). Und da helfen auch nicht die mitunter sehr gelungenen einzelnen Formulierungen, die treffenden Vignetten zum britischen (und amerikanischen) Establishment. Auch nicht, dass ich einen anderen Roman von le Carré in diesem Blog empfohlen habe.

Das Buch geht ab zu Oxfam, damit sich jemand anderes daran erproben kann, ob er beim Lesen von Deckel bis Deckel kommt. Man kann natürlich auch den Film anschauen, spart das Lesen.

 

Ein Gedanke zu „Ein blendender Spion. John le Carré“

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