You can’t do both. Kingsley Amis

Nach „Lucky Jim“ und längerer Zeit jetzt wieder ein Beitrag zu Kingsley Amis. Der Roman für heute: „You can’t do both“, erschienen 1994, in deutsch nicht zu bekommen (warum eigentlich?).

Vorweg: Ich habe das Buch sehr gerne gelesen, empfehle es daher auch gerne weiter.

Warum? Das sagt alles der Klappentext: „Robin Davis (…) is both a shrewd observer and an energetic actor which takes him from school to Oxford. With him we live through all the pangs of South London adolescence in a pre-war household whose gods enshrine the gentility principle.“ Und: „(…) Amis as you know him – brilliantly funny, outrageous, and exact ro every social nuance; but also as you’ve never known him before, writing with tenderness and compelling insight in a story which is strongly autobiographical.“

Eine Sache verschweigt er: Robin Davis ist ein ziemlich eingefleischter Selbstoptimierer, dem Wohl und Wehe seiner Nächsten nicht so wichtig sind, solange es für ihn und sein Vergnügen gut ausgeht. Ein sehr beeindruckendes und abschreckendes Porträt.

Ergänzen muss ich aus gegebenem Anlass meines Beitrags über Sayers‘ „Murder must advertise„, dass auch dieser Roman ein Cricket-Buch ist. Noch besser, es ist das EINZIGE Buch mit Buch-Cricket!!
„‚Of course if I get a moment to myself ever I might play a bit of book cricket. (…) Each letter of the alphabet stands for something that can happen when a ball is bowled, like no run, one run, two, three, four, six, and wicket down. The twelve commonest letters give no run, the next six commonest one run and so on. (…) When you’ve settled all the letters in the alphabet you go through a book, as I said. ‚The cat sat on the mat‘ would give you three overs less one ball with no score except on M, which would give you a single. For instance.'“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

 

Murder must advertise. Dorothy L. Sayers

Nach „Gaudy Night“ also gleich wieder ein Detektivroman von Dorothy L. Sayers. Ort der Handlung: Kein College in Oxford, sondern eine Werbeagentur in London. Ein echter Krimi, also inklusive Mord, sogar mehrfach. Wermutstropfen: So gut wie kein ‚romantic interest‘.

Als Detektivroman ist „Murder must advertise“ bestimmt nicht toll. Die Auflösung des Falls kommt zu kurz, auch hat der Sayers-Standard-Detektiv Wimsey oft mehr Glück als Verstand, und so richtig kann man als Leser nicht auf den Täter kommen. ‚Not very sporting‘ also. Obendrein ist Wimsey etwas zu penetrant: Er kann alles, er weiß alles, alle sind begeistert, wenn sie ihn kennenlernen dürfen. Gutaussehend ist er natürlich auch…

Sehr lesenswert ist der Krimi wegen seiner sehr gelungenen Beschreibung  von Pym’s Publicity, der Londoner Werbeagentur mit ihren Klienten, mit den Textern, Graphikern, Produzenten inklusive der klassischen Teeversorgung im Büro. Das ist interessant und flott geschrieben, sogar amüsant.

Und „Murder must advertise“ ist ein Cricket-Roman zur Freude der England-Klischee-beladenen deutschen Leser. Ein ganzes Kapitel (in dem zum Schluss Wimsey sogar verhaftet wird) ist dem Cricket gewidmet und bietet Sayers eine wunderbare Gelegenheit, mit den relevanten Fachtermini dicke zu tun. Ein Beispiel für den Cricket-Kenner oder alternativ für hart gesottene Leser (und Leserinnen):
„The next ball was another of Simmonds‘ murderous short-pitched bumpers, and Lord Peter Wimsey, opening up wrathful shoulders, strode out of his crease like the spirit of vengeance and whacked it to the wide. The next he clouted to leg for three, nearly braining square-leg and so flummoxing deepfield that he flung it back wildly to the wrong end, giving the Pymmites a fourth for an overthrow. Mr Simmonds‘ last ball he treated with the contempt it deserved, snicking it as it whizzed past half a yard wide to leg and running a single.“

Wer endlich mehr über Cricket und dessen obskure Regeln wissen möchte, wird fündig für die einfache Variante bei Wikipedia in deutsch, für die anspruchsvollere bei Wikipedia in Englisch, und für das Komplettpaket inklusive Sahne (doppelt) beim Marylebone Cricket Club, der offiziell für die Laws (immer mit großem L!) of Cricket zuständig ist. Hier gibt’s auch eine passende App für den technisch arrivierten Cricket-Aficionado.

Also: „Murder must advertise“, vielleicht kein toller Krimi, aber allemal ein sehr gutes und interessantes Buch für all diejenigen, die mehr wissen wollen.
Als Verfilmung sehr dicht an der Vorlage die Version mit Ian Carmichael von 1973, nicht mehr taufrisch, aber als Klassiker immer noch zu haben