Speedy Death. Gladys Mitchell

Mit Gladys Mitchell möchte ich heute eine zu Unrecht vergessene Krimi-Autorin besprechen. Aufmerksam wurde ich in einem alten Krimi-Exemplar auf den Titel „The Twenty-Third Man“ und die Beschreibung, dass plötzlich in einer Höhle voller Mumien eine zusätzliche Gestalt zu finden war…

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Mittlerweile habe ich von Mitchell außerdem „Speedy Death“, „Murder in the Snow“, „Spotted Hemlock“ und „Dead Men´s Morris“ gelesen. Gladys Michell ist eine Empfehlung wert.

Die Detektivin ist akademisch gebildet, intelligent, alt und hässlich

Mit „Speedy Death“ erschien 1929 Mitchells erster Krimi. Hierin sowie in allen folgenden 66 ist die Detektivin Mrs. Beatrice Adela Lestrange Bradley, eine Psychotherapeutin und –analytikerin, schwer intelligent so wie Hercule Poirot, außerdem alt und hässlich. Weiterhin war sie dreimal verheiratet und ist vermögend. Ihr Äußeres ähnelt einem Reptil, lächelnd wird sie zum grinsenden Alligator. Fast zeitgleich zu Agatha Christies Miss Marple hat Mrs. Lestrange Bradley doch ein ganz anderes Format…

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Dialog treibt die Geschichte voran

In Mitchells Detektiv-Geschichten sind beschreibende Passagen Mangelware. Was thematisiert wird, transportiert sich in den Gesprächen der Figuren. Auf zwei frei herausgegriffenen Buchseiten, sind dies die einzigen deskriptiven Bestandteile des Textes:

  • said Laura suddenly
  • said Laura, easily
  • asked Carey, who was visiting his aunt. Laura looked through him
  • Laura glanced down her suit
  • said Laura airily
  • retorted Laura
  • demanded Laura, looking haughty
  • said the secretary. A little taken aback, Laura remarked that she hoped so

Dies führt zu einer ungewohnten Art zu lesen, da die Aufmerksamkeit immer gespannt dem Gespräch der Personen lauschen muss. Sehr interessant konstruiert, finde ich.

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Gladys Mitchell schrieb jedes Jahr einen Krimi

Gladys Mitchell war eine englische Autorin, die auch unter den Pseudonymen Stephen Hockaby und Malcolm Torrie schreib. Sie wurde 1901 geboren und starb 1983. Nach dem Studium der Geschichte in London arbeitete sie als Lehrerin. Mitchell beschäftigte sich mit dem Werk von Siegmund Freud und interessierte sich für Hexerei. Mehr in Wikipedia (Englisch).

…und hier noch ein Audio über Gladys Mitchell und „Speedy Death“ .

By the Pricking of My Thumbs. Agatha Christie

„By the Pricking of My Thumbs“ von Agatha Christie ist ein guter Sommer-Krimi: Es geht um ein Haus an einem Kanal, das ein Künstler in einem Bild festgehalten hat. Das Bild wird erst verschenkt, dann vererbt und löst dadurch eine ganze Reihe von gefährlichen Geschehnissen aus.

Doch das schöne Haus ist nur ein Aspekt der Geschichte. Einen wichtigen Hinweis gibt der Titel: Dieser ist ein wörtliches Zitat aus Shakespeares „Macbeth“. Dort sprechen die drei Hexen ihren Zauberspruch, der Macbeth ins Verderben führen wird, während sie in einem Kessel rühren:

„Second Witch:
‚By the pricking of my thumbs,
Something wicked this way comes:
Open, locks,
Whoever knocks!‘

Enter Macbeth.“

Es geht um aktuelle Verbrechen in einem Altenheim und um Morde an Kindern, die weit in der Vergangenheit liegen.

Leseprobe: „At the moment there was only one occupant in the room. An old lady with white hair combed back of her face who was sitting in a chair, holding a glass of milk in her hand, and looking at it. (…) ‚Yes. I wondered -‚ she leaned forward and lowered her voice. ‚Excuse me, was it your poor child?'“

Geschrieben hat Agatha Christie diesem Krimi 1968  in dem entspannten, oft heiter-witzigen Stil – hin und wieder von kleinen Grusel-Momenten durchsetzt -, der für die Hauptfiguren Tommy und Tuppence vorbehalten ist. Der Krimi trägt in der deutschen Übersetzung den albernen Titel „Lauter reizende alte Damen“, wodurch die düsteren Aspekte gründlich verschleiert werden. Mehr zur Handlung hier.

Dieses Ehepaar löst im Lauf der Lebensgeschichte ihrer Autorin immer wieder Kriminalfälle. Einzigartig gelungen ist die Verknüpfung der Themenbereiche Ehepaare-werden-älter mit Leben und Sterben im Altersheim plus Mord und illegale Geschäfte.

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Tommy und Tuppence erscheinen zwischen 1922 und 1973 in vier Romanen Christies und 14 Kurzgeschichten. Der Zeitraum deckt beinahe ihre gesamte Lebensgeschichten ab: Die Leser erleben sie von ganz jungen Leuten, die sich lieben lernen und heiraten, bis hin zu einem sehr alten Ehepaar, das versucht, mit den Restriktionen des Alters gut zurechtzukommen.

Weitere Romane von Christie, in denen Tommy und Tuppence die ermittelnden Detektive sind:

  • The Secret Adversary, 1922
  • Partners in Crime, ab 1929 (Kurzgeschichten)
  • N or M?, 1941
  • Postern of Fate, 1973

Weitere Empfehlungen von Louisa und Markus zu Krimis von Agatha Christie finden sich hier auf der Unterseite zu „Beste Bücher zu…“

Dandy Gilver & The Reek of Red Herrings. Catriona McPherson

Dandy Gilver hat es dieses Mal besonders schwer. Dieser englische Krimi geht ganz ins Gruselige, ja Makabre. Dazu trägt der Ort der Handlung bei: Windumtoste, graue, kalte schottische Küste. Die Handlung allerdings noch mehr: Es gibt zwei Herren, die auf das Ausstopfen von Tieren spezialisiert sind. Es gibt abergläubische Traditionen, die den Schrecken Ertrunkener von den Lebenden fernhalten sollen – aber niemand scheint sich zu fürchten, obwohl angeblich ein Mann ertrunken ist.

Außerdem beginnt die Detektivgeschichte mit einem Hering-Fass, in welchem menschliche Überreste entdeckt worden sind.

Leseprobe: „Five strangers. Five strangers in this tiny town, with no tea-room, no public house, no reason for strangers to be there at all. And only that one, the young chap who called himself an artist´s model, with the slightest hint of a purpose in coming.“

Dandy Gilver und ihr Partner Alec Osborne lösen in diesem spannenden Krimi einen ganz besonders harten Fall. Der die beiden übrigens am Ende selbst zweifeln läßt, ob sie sich korrekt genug verhalten haben.

„The Reek of Red Herrings“ ist wieder einmal ein ganz ausgezeichneter Krimi von Catriona McPherson.

Zu unseren Krimi-Seiten geht es auf dieser Einstiegsseite und all unsere Leseempfehlungen zu Detektiv-Geschichten finden sich in der Rubrik Krimi.

Death on the Cherwell. Marvis Doriel Hay

„Death on the Cherwell“ ist eine Detektiv-Geschichte, die in Oxford spielt. Als eine Leiche in einem Boot den Fluß heruntertreibt, ist die Polizei überzeugt, ein Studentenstreich ist schlecht ausgegangen. Aber ein ganzer Trupp von Studentinnen eines Frauen-Colleges schwingt sich auf, Detektiv-Arbeit zu leisten, um zu zeigen , dass sie es besser wissen.

Leseprobe: „For Miss Cordell, principal of Persephone College, there are two great evils to be feared: unladylike behaviour among her students, and bad publicity for the college. So her prim and cosy world is turned upside down when a secret society of undergraduates meet by the river on a gloomy January afternoon, only to find the drowned body of the college bursar floating in her canoe.“

Die Autorin Marvis Doriel Hay lebte von 1894 bis 1979. Sie war eine Schriftstellerin, die an St Hilda’s College in Oxford studierte, zur etwa der gleichen Zeit, zu der Dorothy L. Sayers dort am Somerville College eingeschrieben war.

Sie veröffentlichte drei Detektiv-Romane: ‚Murder Underground‘ (1934), ‚Death on the Cherwell‘ (1935) und ‚The Santa Klaus Murder‘ (1936). Alle drei Titel waren sehr erfolgreich. Hay war außerdem eine Expertin für ländliche Handarbeiten und schrieb unter anderen Büchern „Rural Industries of England and Wales“.

Erschienen 1935, zu einer Zeit, in der es erst zwei Colleges für Frauen in Oxford gab, ist „Death on the Cherwell“ eine der ersten Detektiv-Geschichten mit einer kompletten Handlung in Oxford. Das Genre des Oxford-Krimis, das auch heute noch aktuell ist, hat er damit begründen helfen. Es ist ein Krimi, der sich mit viel Vergnügen lesen lässt. Neu aufgelegt wurde er 2014 in der British Library Crime Classics.

Weitere ungewöhnliche Krimis finden sich hier und in unserer Krimi-Rubrik.

Detektiv-Geschichte: Death at Wentwater Court. Carola Dunn

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Dies ist der erste Band einer ganzen Serie mit Daisy Dalrymple als Freizeit-Ermittlerin. Als eine verarmte Adlige im England der 1920er Jahre verdient die Protagonistin ihren Lebensunterhalt mit dem Schreiben von Artikeln für Magazine und Zeitschriften. In der Ausübung ihres Berufs gerät sie regelmäßig in Mordfälle hinein, zum Leidwesen ihres angehimmelten Detective Inspector Alec Fletcher von Scotland Yard. Warum? Sie ist jung und hübsch und verfügt darüber hinaus über das Talent, fremde Menschen zu vertraulichen Gesprächen zu motivieren.

„At twenty-fife she ought to be sophisticated and selfconfident, but the butterflies refused to be banished from her stomach. She had to succed. The alternatives were altogether too blighting to contemplate. Was the emerald green cloche hat from Selfridges Bargain Basement a trifle too gaudy for a professional woman? „

Die Krimis sind nett zu lesen, Plots komplex, allerdings fehlt ihnen eine Spannungskurve. Alle Texte plätschern vor sich hin. Dennoch sind sie gut geeignet für einen regnerischen Nachmittag oder einen frühen Abend unter der Bettdecke.

Krimi-Empfehlungen von Markus und Louisa stehen auf diesen Seiten…

Detektivgeschichte: Bury Her Deep. Catriona McPherson

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In diesem Krimi der schottischen Autorin hat Dandy Gilver als Detektivin ganz besondere Vorfälle zu klären: Liebeszauber, ausgegrabene Knochen und ein schlangengleicher Fremder beunruhigen die Einwohner eines kleinen schottischen Dorfes. Betreiben die Frauen von Fife tatsächlich Hexerei oder steckt etwas ganz anderes dahinter? Unter dem Vorwand, einen Vortrag über das Haushaltsbudget zu halten, besucht Gilver Veranstaltungen des Women´s Institut.

Dandy Gilver als Ermittlerin aus gehobenen Gesellschaftskreisen ist engagiert, äußerst pragmatisch und eine ausgezeichnete Beobachterin. Schlau sowie reizend unschuldig ist sie unromantisch verheiratet, hat aber eine bitzelnde Beziehung zu ihrem Co-Detektiv Alec.

Etwas ganz besonderes ist das Setting des Krimis: Er spielt in den 1920er Jahren, alle Details sind ausgezeichnet recherchiert, so dass das historische Setting viel mehr ist als nur eine Verpackung. Die Geschichte ist spannend, etwas verwickelt und entspricht der klassischen englischen Detektivgeschichte als Rätsel ohne viel Gewalt.

The Two of Us – My life with John Thaw. Sheila Hancock

Es ist eine Liebesgeschichte und eine Doppelbiografie zweier Schauspieler. Es ist eine Geschichte vom Erwachsenwerden im England der Nachkriegszeit, vom gesellschaftlichen Aufstieg aus ärmlichen Verhältnissen. Und es ist eine Geschichte von Alkoholismus, Krebserkrankung und Sterben. Es ist eine Geschichte über die Liebe und den Versuch, gemeinsam zu leben. John Thaw war im ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert einer der beliebtesten Schauspieler Englands. Für viele bekannt durch seine 13jährige Darstellung des Inspektor Morse, einer Kriminal-Serie nach Vorlagen und unter Mitarbeit von Colin Dexter. Diese gibt es auch in mehreren ausgezeichneten DVD-Serien unter dem Titel „Morse“.

„Even though he (John Thaw) had left school, his teachers rode to his rescue, believing that acting was the path John should persue. His old headmaster … moved heaven and earth … It seemed unlikely that a boy from a council flat in Burnage, with an accent you could cut with a knife, could enter those hallowed halls (der Schauspielschule RADA).“

Hancock, Thaws zweite Frau, beschreibt in einer parallelen Erzählebene die Krebserkrankung und den Tod ihres Mannes sowie ihre Anstrengungen nach Trauer und Verzweiflung neu das Leben zu akzeptieren: „I have really lived this grief. I have been totally centred on my pain. That´s some sort of achievement. Most of my life has been postponing feeling or thinking what comes next. … Shame I had to learn though pain rather than pleasure.“

Gelesen in der Ausgabe von 2004.image