Jane Austen – A Life. David Nokes

Das Buch von 1997 ist eine Biografie im klassischen Sinne: Der Autor erzählt das Leben Jane Austens nach von ihrer Geburt bis zu ihrem Tod. Hierbei berücksichtigt er das vorhandene Quellenmaterial und verwebt es passend unauffällig in seine Erzählung.

Austen, eine der wichtigsten englischen Roman-Autorinnen, lebte von 1775 bis 1817. Ihre Familie begann unmittelbar nach ihrem Tod mit der Legendenbildung, tat mit vereinten Kräften das Mögliche, um eine fast heilige, auf jeden Fall aber bescheidene, häusliche, hoch religiöse und selbstverständlich unprätentiöse Jane zu erschaffen. Ein Bild, das weder zu ihrer eigenen Einschätzung – „Pictures of perfection as you know make me sick and wicked“  so Jane Austen in einem Brief an Fanny Knight 1817 – passt, noch zu ihrem letzten überlieferten Text: Wenige Stunden vor ihrem Tod diktierte sie ihrer Schwester noch eine Satire über einen erbosten Heiligen, der die Bevölkerung Winchesters verflucht… Das machen tief religiöse Frauen selbstverständlich niemals. Nie.

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Schlaglichter

An zwei Stellen blitzt das kritische Urteilsvermögen Nokes durch. Die Jahre von 1802 bis 1806 galten in der Austen-Literatur aufgrund mangelnder Briefe und literarischer Produktion immer als Zeit, in welcher die Schaffenskraft Austens versiegte, sie gebrochen durch den ungewollten Umzug nach Bath in tiefer Traurigkeit versank. Nokes fragt ganz spitzbübisch, ob es nicht auch sein könnte, dass Austen begeistert die Amüsements genoss, die ihr nun – endlich – zugänglich waren.

„It would be very pleasant to be near Sidney Gardens! We might go into the labyrinth every day.” Jane Austen in einem Brief an ihre Schwester Cassandra 1801.

Ganz am Ende seines Buchs schildert der Autor eine Episode, die den geistig behinderten Bruder sowie einen Onkel Jane Austens betrifft: Beide kamen in eine Pflegefamilie und wurden entschlossen aus dem Leben, aus dem Sinn der Familien geschafft. Ich selbst hätte mir noch viel mehr solch kluger, nachdenklicher Passagen gewünscht.

Stil

Der Stil dieser Biografie zu Jane Austen ist angelegt an einen historischen Roman. Je nach Inhalt erzählt Nokes aus der Perspektive derjenigen Person, die den besten Einblick in die Geschehnisse hatte oder von welcher die beste Quellenlage überlieferter Dokumente vorhanden ist. Hierdurch wird die Nacherzählung interessant und plausibel.

Eine Biografie als Schmöker

Das Resultat von Nokes´ Erzählweise ist eine außerordentlich gut lesbare Biografie. Nachdem man die Buchdeckel wieder zusammengeklappt hat, kennt man all die wesentlichen Eckpunkte aus dem Leben Jane Austens. Eher selten stellt der Autor Zusammenhänge zu größeren historischen und sozialen Zusammenhängen her. Noch seltener versucht Nokes die Fakten zu interpretieren. Dennoch ist diese Biografie von 1994 ganz zu Recht eines der anerkannten Standard-Werke zu Jane Austen.

„If I am a wild beast, I cannot help it.“ Jane Austen in einem Brief an ihre Schwester Cassandra 1813.

Weitere Literatur in Buch-und-Sofa zu Jane Austen:

Und eine weitere Biographie von David Nokes in diesem Blog über Samuel Johnson

The Two of Us – My life with John Thaw. Sheila Hancock

Es ist eine Liebesgeschichte und eine Doppelbiografie zweier Schauspieler. Es ist eine Geschichte vom Erwachsenwerden im England der Nachkriegszeit, vom gesellschaftlichen Aufstieg aus ärmlichen Verhältnissen. Und es ist eine Geschichte von Alkoholismus, Krebserkrankung und Sterben. Es ist eine Geschichte über die Liebe und den Versuch, gemeinsam zu leben. John Thaw war im ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert einer der beliebtesten Schauspieler Englands. Für viele bekannt durch seine 13jährige Darstellung des Inspektor Morse, einer Kriminal-Serie nach Vorlagen und unter Mitarbeit von Colin Dexter. Diese gibt es auch in mehreren ausgezeichneten DVD-Serien unter dem Titel „Morse“.

„Even though he (John Thaw) had left school, his teachers rode to his rescue, believing that acting was the path John should persue. His old headmaster … moved heaven and earth … It seemed unlikely that a boy from a council flat in Burnage, with an accent you could cut with a knife, could enter those hallowed halls (der Schauspielschule RADA).“

Hancock, Thaws zweite Frau, beschreibt in einer parallelen Erzählebene die Krebserkrankung und den Tod ihres Mannes sowie ihre Anstrengungen nach Trauer und Verzweiflung neu das Leben zu akzeptieren: „I have really lived this grief. I have been totally centred on my pain. That´s some sort of achievement. Most of my life has been postponing feeling or thinking what comes next. … Shame I had to learn though pain rather than pleasure.“

Gelesen in der Ausgabe von 2004.image