Bertrams Hotel. Agatha Christie

Unter den über 60 Krimis von Agatha Christie – Kurzgeschichten nicht mitgezählt – gehört dieser meiner Meinung nach schon in das obere Drittel.

Bertrams Hotel erschien 1965 und gehört in die Reihe der Krimis mit Miss Marple. Ein klassischer Miss Marple ist er aber dennoch nicht, denn sie hat eher eine Nebenrolle: Die Polizei bekommt selber etwas auf die Reihe und löst den Fall im Wesentlichen selbst.

Sehr gelungen ist die Darstellung von Bertrams Hotel, das so intensiv und anschaulich beschrieben ist, das es fast wie eine der handelnden Personen wirkt. Bertrams ist ein Hotel der deutlich gehobenen Klasse, „quietly expensive“, wie ein Relikt aus der edwardianischen Zeit, mit Afternoon Tea und viel ausgezeichnetem Personal.

Die Handlung ist spannend, allerdings ein wenig reißerisch und die Auflösung kommt ein wenig plötzlich daher. Andererseits sind zwei der Hauptpersonen, Bess, Lady Sedgwick, eine Abenteurerin reinsten Wassers, die gerne gefährlich lebt, und ihre Tochter Elvira Blake, die als Apfel auch nicht weit vom Stamm fiel, wirklich ausgezeichnet ausgedacht.

Die Rezensionen nach dem Erscheinen waren nicht euphorisch. Der Observer schrieb: „A.C. is seldom at her best when she goes thrillerish on you. This one is a bit wild and far-fetched, but it’s got plenty of that phenomenal zest and makes a reasonably snug read.“

Snug read, indeed.
Besonders auf Italienisch, wenn die Übersetzung so gelungen ist wie die Maria Mammana Gislon bei Mondadori. Da profitiert der Wortschatz gleich mit. Die Formulierung „una persona acqua e sapone“ beispielsweise kannte ich vorher noch nicht.
Als Eindruck eine Passage zu den Sesseln im Bertrams:
„Le poltrone, sollevate sufficientemente da terra, permettevano alle signore artritiche di alzarsi in piedi senza doversi divincolare in modo tutt‘ altro che dignitoso. I sedili di queste poltrone, al contrario di tante altre moderne e costosissime, non si fermavano a mezza strada tra la coscia e il ginocchio, infliggendo così indicibili torture a chi soffre di artrite o di sciatica, e inoltre la loro forma era assai varia: ce n’erano di larghe e di strette, alcune con schienali diritti e altre con schienali inclinati, in modo da poter accogliere sia i magri che gli obesi. Persone di qualsiasi dimensione erano certe di trovare una comoda poltrona al Bertram Hotel.“

In jeder Hinsicht zu empfehlen ist auch die Verfilmung mit Joan Hickson als Miss Marple, die wir schon auf unserer Krimiseite lobend erwähnt haben (nicht jedoch die neueren Verfilmungen).

 

The Body in the Library. Agatha Christie

 

Einer meiner ausgesuchten Lieblingskrimis von Christie. Spannend, Einzelheiten, die langsam ein Bild ergeben, und dann doch eine Auflösung, die ganz anders ist als erwartet. Diese Detektiv-Geschichte ist ein richtig guter Schmöker.

Zum Inhalt: In der Bibliothek von Colonel und Mrs. Bantry wird eine sehr junge Frau mit sehr blond gefärbtem Haar erwürgt aufgefunden. Dolly Bantry und Miss Marple machen sich daran, herausfinden, wer der Mörder ist. Als Miss Marple dies weiß, weigert sie sich, den Namen preis zu geben. Denn genügend Beweise zu erhalten, erweist sich als schwierig.

Leseprobe: „Mrs. Bantry reflected a minute and then applied an urgent conjugal elbow to her sleeping spouse. „Arthur, Arthur, wake up.“ Colonel Bantry grunted, muttered, and rolled over on his side. „Wake up, Arthur. Did you hear what she said?“ „Very likely“, said Colonel Bantry indistinctly. „I quite agree with you, Dolly“, and promptly went to sleep again. Mrs. Bantry shook him. „You´ve got to listen. Mary came in and said that there was a body in the library.““

1942 erschienen ist „The Body in the Library“, deutsch „Die Tote in der Bibliothek“ der 31. Roman Christies. Die Figuren und ihre Interaktion sind etwas ganz Besonderes: Verschiedenste Altersgruppen, soziale Schichten und Vermögensverhältnisse sind verteilt auf die handelnden Personen. So gibt es den reichen Landadel (die Bantrys, alt), einen reichen Geschäftsmann (Jefferson, auch alt), Upper Class aber nicht Landadel und arm (Miss Marple), verarmte Geschäftsleute, Mittelklasse-Personen (Inspektor Slack, die Familie Reeves) und Personen am wenig geachteten Ende wie Josephine Turner (arm) und das erste Mordopfer Ruby. Ruby ist die zweitjüngste Figur, die jüngste ist Peter, der zur Upper Class gehört (ohne eigenes Vermögen). Auf diese Weise gibt der Roman ein gutes Bild der gesellschaftlichen Gepflogenheiten, im England der 30er Jahre.

Bildergebnis für agatha christie

Das Buch gibt es in einer sehr hektischen, dramatisierten Hörbuch-Version, die bestimmt ihren Unterhaltungswert auf einer langen Autofahrt hat: Hörprobe hier

Beschreibung: „A BBC Radio 4 full-cast dramatisation starring June Whitfield as the sharp-witted spinster sleuth. Dolly Bantry, mistress of Gossington Hall, is enjoying a pleasant doze when suddenly her dreams take a strange turn. The housemaid Mary is telling her that there is a body in the library. As she wakes up, it turns out to be true…. But who is the strange young blonde sprawled on the library floor? Enter St Mary Mead’s resident sleuth, Miss Mary Marple.“

Meine Lieblingsverfilmung, auf die ich nichts aber auch gar nichts kommen lasse, ist diese mit der wunderbaren Joan Hickson in der Rolle der Miss Marple.

Miss Marple - Die Tote in der Bibliothek Poster

Hier der Link zu den Krimi-Empfehlungen von Markus und Louisa und zu den besten Krimis von Agatha Christie.

Detektivgeschichte: They Do it With Mirrors. Agatha Christie

Eine Detektivgeschichte „They do ist with mirrors“ (erschienen 1952) wie der Trick eines Zauberkünstlers: im entscheidenden Moment wird die Aufmerksamkeit von Leserinnen und Lesern in die falsche Richtung gelenkt. Sehr schöner Who-dunnit mit tollen atmosphärischen Beschreibungen.

Christie bringt einen Ausschnitt der 1950er in England mit diesem Text zum Leben.

Wer Christie mit den anspruchslosen Übersetzungen ihrer Krimis oder mit Verfilmungen, die Margaret Rutherford in der Hauptrolle zeigen, gleich setzt, tut ihr einfach unrecht. „They do it with mirrors“  ist beste Unterhaltungslektüre, die sich noch dazu für Kultur- und Geschichtsstudien im Kleinen eignet.

Sehr gut umgesetzt ist auch die Verfilmung mit Joan Hickson von 1991.

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