The most perfect thing: inside (and outside) a bird’s egg. Tim Birkhead

Was für ein faszinierendes Buch über etwas so Alltägliches wie das Vogel-Ei!

Birkhead hatte bei mir als Autor ohnehin bereits ein sehr gutes Image, unter Anderem wegen seines Buchs über die Sinneswahrnehmungen der Vögel.

In seinem 2016 erschienenen Buch über Eier bestätigt er dies. Wiederum eine sehr gelungene Kombination aus Erfahrungsberichten (eigene und die anderer mit Vögeln Beschäftigter), Wissenschaftsgeschichte, Anekdoten, Ei-Anatomie. Gekonnt verwoben mit den beiden roten Fäden vom Äußeren ins Innere des Eis, vom Entstehen des Eis bis zum Schlüpfen des Kükens.

Man erfährt und lernt erstaunlich viel: Wie, wann und wo die Farbe aufs Ei kommt – wofür die Farbe überhaupt gut ist – wie die Eier vor mikrobiellem Befall geschützt werden – warum es so unterschiedliche Formen von Eiern gibt – wie es gelingt, Eier zur Entwicklung zu bringen bei -50° C (Antarktis!) bis +50° C (Wüste!) – woher die Vögel den Kalk für die Eierschale bekommen – wie Küken im Ei atmen – wie sie mit Wasser versorgt werden – warum die Eier eines Geleges etwa zur selben Zeit schlüpfen, obwohl sie über mehrere Tage gelegt werden undundund.
Birkhead schreibt:
„The developing embryo is protected from the outside world by the egg’s hard chalky shell, but the shell also creates a connection with that world. How do you make a structure that keeps microbial aliens out, but at the same time allows the embryo inside to breathe; a shell that is strong enough to withstand the full weight of an incubating parent but weak enough to allow the chick to eventually break free? Evolution has done a fine job of devising ‚a self-contained life support system‘ – what is essentially an external placenta and premature baby unit.“

Tatsächlich und uneingeschränkt eine ganz dicke Empfehlung für ein überzeugendes, spannendes, informatives und überaus lesbares Buch.

The unfeathered bird. Katrina van Grouw

Für Freunde (und Freundinnen) von zoologischen Zeichnungen und Stichen insbesondere ist dieses Buch über Vögel ein Muss: „The Unfeathered Bird“ von Katrina van Grouw.

Van Grouw ist eine Künstlerin mit erheblichen ornithologischen Kenntnissen, die ihr auch eine Stelle als Kuratorin am britischen Natural History Museum eingebracht haben. Dieses Buch war ihr über lange Zeit ein Anliegen:
„This book was begun twenty-five years ago. Broken down, that roughly constitutes: five years of innocent research, little expecting what it would lead to; one moment of inspiration; fifteen years hoping to convince someone else that it was a good idea; and several more years of very hard labor.“ Das Warten und Arbeiten hat sich gelohnt: Immerhin erreichte sie einen Platz auf dem Treppchen unter den Best Bird Books of the Year 2013.

Meine Empfehlung basiert vor allem auf den vielen (um die 300!) wirklich ausgezeichneten Illustrationen, die nicht nur ästhetisch sehr gelungen sind, sondern auch ein deutlich vertieftes Verständnis der Anatomie (Skelett und Muskeln) von Vögeln vermitteln.

Ergänzt wird sie durch die Qualitäten des Texts. Er ist insgesamt flott und auch witzig geschrieben, gut verständlich (abgesehen von der einen oder anderen anatomisch anspruchsvolleren Partie, in der mein englisches Fachvokabular an seine Grenzen stößt), erläutert gut die Abbildungen und bietet interessantes Anekdotisches zu den dargestellten Vögeln. Die gelegentlichen inhaltlichen Wiederholungen sind leicht zu verschmerzen, auch wenn sie ein aufmerksameres Lektorat hätte vermeiden können (müssen).

Die Struktur des Buchs ist zunächst generisch mit Erläuterungen zur Anatomie der Vögel im Allgemeinen, danach spezifisch mit Kapiteln zu einzelnen Gattungen der Vögel.

Mit meiner Empfehlung stehe ich nicht allein, so der Scientific American:  „I only have good things to say about it, and so do all the other people whose opinions I take notice of. There are already a huge number of highly positive reviews of this book out there in the blogosphere and elsewhere; if you’re interested in bird anatomy, or are aware of the book already, you’ll likely have seen or read some or many of them.“

Bird sense: What it’s like to be a bird. Tim Birkhead

Dieses Buch habe ich gerade das zweite Mal gelesen. Wärmstens zu empfehlen. Wer auch nur ansatzweise etwas für Vögel übrig hat und obendrein liest, hat mit „Bird sense“ eine Reihe erfreulicher Stunden vor sich.

Tim Birkhead steht in der Kolonie der Ornithologen auf einem der oberen Felsvorsprünge, hinter sich eine ganze Reihe von Bestsellern: Eine der besten Enzyklopädien zu Vögeln („Cambridge encyclopedia of ornithology“), eine Geschichte der Ornithologie („The wisdom of birds“), ein weiteres über das Ei („The most perfect thing“). Die Rezensionen sind ausgezeichnet, zum Beispiel im Guardian. Preise gibt es auch, zum Beispiel der „Best Bird Book of Year“-Award, der „Science Book Price“ und viele mehr.

Wie ich finde voll und ganz zurecht.

Birkhead ist ein begeisterter Ornithologe und lässt diesen Funken überspringen. Er schreibt überaus zugänglich und verzichtet wenn möglich auf obskure Fachbegriffe. Er vermittelt viele faszinierende Informationen, ohne dass man sich überladen fühlt, sondern im Gegenteil angeregt und begeistert. Er kombiniert Berichte über eigene Erfahrungen mit ornithologischer Geschichte, mit Anekdoten, mit anatomischen Beschreibungen, mit amüsanten Einsichten, mit Versuchsanordnungen, mit…. Er beschreibt komplizierte, auch technische Zusammenhänge, so, dass man sie als Laie begreift. Und immer so, dass man Lust hat, immer weiter zu lesen

Und was man nicht alles erfährt. Einige Beispiele, die der Guardian nennt:

  • „Nightingales in Berlin have to up their vocal performance by 14 decibels to be heard over the traffic; great tits in the city keep down the volume but change the pitch or the frequency to get the message across. The oilbird of Ecuador sleeps with its eyes closed but then it could even fly with its eyes closed: like a bat, it uses echolocation to work out where it is in total darkness.“
  • „The ears of the great grey owl are asymmetrical – higher on one side than the other – the better to pinpoint prey on the vertical as well as the horizontal axis. That is why it can swoop on a mouse under the snow. All listeners can localise a source of sound by unconsciously measuring the difference in time as the waves arrive at each separate ear: for small birds, this would dwindle to less than a millionth of a second so little birds move their heads from side to side to increase the range.“

Oder Vögel, die non-stop 11.000 Kilometer in 8 Tagen fliegen (also 60 km/h durchgehend für fast 200 Stunden!), die aus Hunderten Metern ihren Partner unter vielen komplett gleich aussehenden anderen Vögeln erkennen, die….

Eine der besten Nachrichten für deutsche Leser: Dieses Buch gibt es auch auf Deutsch, „Die Sinne der Vögel oder Wie es ist, ein Vogel zu sein“.