„The World my Wilderness“ von Rose Macaulay ist ein Roman, der eine Welt beschreibt, der die zivilisatorischen Werte verloren gegangen sind. Die Handlung spielt in der unmittelbaren Nachkriegszeit, Schauplätze sind Südfrankreich und London.
Protagonisten sind zwei halbwüchsige Kinder, die sich in Frankreich der Widerstandsbewegung gegen die deutschen Besatzer angenähert haben. Sie erleben eine abenteuerliche Welt, Alltag als Abenteuer, voller Gewalt, die jeden immer treffen kann. Diese Welt ist für sie der einzige Standard, den sie für ihr Leben kennen. Als beide Kinder zu unterschiedlichen Familien nach London kommen, interpretieren sie die zerbombten Teile der Stadt als jene Wildnis, die sie aus dem Partisanen-Kampf kennen. Ganz selbstverständlich sehen sie „London“ durch die Brille ihrer Erfahrungen. Lüge, Betrug, Diebstahl, Folter und Mord sind den Kindern nicht fremd.
Was tut der Zerfall von Wertmaßstäben, von zivilisatorischen Spielregeln mit den Menschen? Dieser Frage geht der Roman bei der Darstellung der Jugendlichen nach. Eine weitere Möglichkeit, Spielregeln innerhalb der Zivilgesellschaft zu brechen, statt außerhalb ihrer, zeigt die Figur der Mutter des Mädchens: Sie bricht die Ehe, verliert hohe Geldsummen im Spiel und „entdeckt“ ganz nebenbei alte Provencalische Lieder, die sie dann herausgibt…
Ich mag diesen Roman von Rose Macaulay, da er ruhig und unaufgeregt erzählt wird. Er ist voller starker, gut gezeichneter Figuren. Erzählerisch wechselt die Perspektive: Mal sprechen die Kinder, mal erzählt die Autorin aus der Perspektive der Mutter oder der des Vaters oder der Stiefmutter. Das Geschehen ist hin und wieder dramatisch, seine Darstellung wirkt jedoch nie platt. Das Drama entfaltet sich unterschwellig, da das Wichtigste meist nicht ausgesprochen wird.
Ein sehr guter, schön zu lesender Roman, der eine seltsame Aktualität zu haben scheint, obwohl er Anfang der 1950er Jahre erschien.