Tiere als Architekten: Bauen und die Evolution der Intelligenz. James R. Gould und Carol Grant Gould

Tier und Intelligenz?

Wie einzigartig ist eigentlich der Mensch? Intelligenz, Bewußtsein, Sprache, Fähigkeit zu Sozialverhalten, Planung der Zukunft, Gestaltung seiner Umwelt, Sinn für Ästhetik, das macht doch den Menschen aus, macht ihn besonders, hebt ihn über die Tierwelt hinaus, oder?

Wer all das weiter glauben und unterschreiben möchte, sollte das Buch der beiden Experten zu Evolution und Tierverhalten lieber nicht lesen.

Die Autoren

James Gould ist Professor für Ökologie und Evolutionäre Biologie in Princeton. Seine Frau Carol Grant Gould ist als Wissenschaftsjournalistin spezialisiert auf Bücher über Tierverhalten für die breitere Öffentlichkeit. Ihr Buch über „Animal Architects“ erschien 2007. Englisch muss man können, um es zu lesen. Noch kein deutsch-sprachiger Verlag hat es übersetzt.

Tiere als Baumeister

Erstaunlich viele Tiere bauen. Recht spontan fallen einem Spinnen ein, Wespen und Bienen, Ameisen und Termiten, Vögel mit ihren Nestern, Biber mit ihren Dämmen. All diese Beispiele (und natürlich einige mehr) beleuchten auch die beiden Goulds.
Der Laubenvogel („Bowerbird“) und sexuelle Selektion | BIRDS ...

Das Fazit der Autoren

Viele Verhaltensmuster dieser Tiere basieren auf Instinkten und quasi vorgegebenen Programmen (wie auch beim Menschen). Andere Verhalten dagegen lassen sich nicht erklären, ohne auf Intelligenz, Bewußtsein, Planung und sogar ästhetisches Empfinden zurückzugreifen. Honigbienen verwenden Sprache, Termiten bauen Gebäude von einer Größe und Komplexität, wie sie – relativ zur Körpergröße – von Menschen nicht erreicht werden, Laubenvögel gestalten ihre Balzplätze offensichtlich ästhetisch, Biber berücksichtigen die möglichen Pegelstände ihrer aquatischen Umwelt bei der Gestaltung ihrer Bauten und Dämme.
Biber

Der Mensch mit seinem aussergewöhnlich hohen Quotienten aus Gehirn- und Körpervolumen unterscheidet sich damit nur graduell von anderen Tieren, nicht aber prinzipiell.

Meine Meinung zum Buch

Gut und eingängig beschrieben – gelegentlich amüsant, etwas häufiger vielleicht zu wissenschaftsschreibelastig – nachvollziehbar strukturiert – immer fundiert, beschreiben die beiden  Goulds, wie beeindruckend die Tierwelt sein kann. Wer die etwas wenigen und tristen Illustrationen durch Besseres ergänzen möchte, kann auf ein Buch des Naturfotografen Ingo Arndt mit dem netten Titel „ArchitekTier“ zurückgreifen.

Ein durchaus lohnendes Buch, nicht nur für Imker und Arachnophile.
Net-casting Spider (Deinopis subrufa) [Bushpea 8/10] Large

Voices in the Ocean. Susan Casey

Eine Reise in die fremde und verstörende Welt der Delfine ist dieses Buch der Journalistin Susan Casey.

Voices in the Ocean: A Journey into the Wild and Haunting World of Dolphins

Seit Douglas Adams´ „Per Anhalter durch die Galaxis“ wissen wir alle, dass Menschen nur die drittintelligenteste Spezies auf Erden sind. Die Mäuse als intelligenteste sind eine dreidimensionale Erscheinungsform hyperintelligenter Wesen, aber die Delfine sind die zweitintelligenteste Spezies, intelligenter als die Menschen und haben diese vor der Zerstörung der Erde noch zu warnen versucht. Ohne Erfolg.

Casey beschreibt in ihrem Buch, wie intelligent Delfine sind, wie sie in verschiedenen Kulturen den Status von Mittlern zu einer anderen Welt haben und wie Menschen diese hochintelligenten Tiere qualvolle Tode sterben lassen. Die Erzählweise besteht in Reiseberichten, die die Autorin rund um die Welt zu Orten führen, in denen die Delfine eine besondere Rolle spielen. Als jagdbares Wild oder als Wesen voller Weisheit: „No other creature on the planet is more like us than the dolphin. Dolphins are intelligent, sociable beings who can recognize their own reflections, count, feel despondent, rescue one another (and humans), deduce, infer, form groups, throw tantrums, gossip and scheme.“

Sind Delfine intelligenter als Menschen?

Delfine haben ein Gehirn, welches äußerst komplex ist, dabei jedoch anders aufgebaut ist als das menschliche. Das Gehirn von Delfinen ist auf extreme Schnelligkeit ausgelegt. Außerdem sind besonders diejenigen Gehirnregionen, in denen emotionales Empfinden und Sozialverhalten verankert sind, bei Delfinen anders und stärker ausgeprägt. Delfine, so die Vermutung, haben eine starke Gruppenidentität zusätzlich zu ihrer Fähigkeit, sich als Individuen zu erleben. Sie haben also – salopp gesprochen – ein Ich und eine Art Gruppenseele.

„If you were designing a high-performance computer, you would choose the dolphins´ schematic, hands down. “This is a brain that is built for speed (…) The rate at which they process information is astounding, Everything is faster. We can´t even imagine.” (…) A fabulous neocortex is a kind of killer app for brainy animals, enabling the refined thinking and behavior that characterizes us as humans (…). It´s where we get our abilities to make tools, use language, devise plans. “

Delfine als Mittler zu anderen Welten?

Seit der Antike gibt es Berichte, wie Delfine den Kontakt zu Menschen suchen. Immer wieder berichten Taucher und Küstenbewohner davon, dass sie Kontakt zu Delfinen als direkt, intensiv und persönlich erfahren haben. Susan Casey geht Berichten in verschiedenen Kulturen und Teilen der Welt nach auf der Suche danach, was Menschen immer wieder an Delfinen fasziniert hat bis zur Zuschreibung magischer Fähigkeiten und – warum die Faszination wohl gegenseitig ist. Dies liest sich sehr interessant und unterhaltsam.

Töten, was den Menschen so ähnlich ist?

Delfine haben es nicht leicht, in einer von Menschen geprägten Welt zu überleben: Sie werden gejagt, gegessen oder in Ozean-Vergnügungsparks gesperrt, sie verlieren Lebensraum, werden durch Pestizide im Meerwasser vergiftet… Casey beschreibt in ihrem Buch auch all die grauenhaften Dinge, die Menschen weltweit Delfinen und deren Verwandten antun.  Diese Teile sind teilweise verstörend zu lesen.

Fazit: ein interessantes, gut lesbares Buch, welches ein ganz besonderes Schlaglicht auf dasjenige richtet, was Menschen mit nicht-menschlichen Lebewesen eint.

Mehr zur Autorin und ihren Büchern hier.

Other Minds – The Octopus and the Evolution of Intelligent Life. Peter Godfrey-Smith

Würden Sie gerne einen intelligenten Alien treffen? Auch wenn Sie nicht tauchen, hier bietet sich die Möglichkeit!

Intelligente Aliens

Tintenfische klettern aus einem Aquarium heraus und flüchten. Sie klettern in ein anderes Aquarium, wenn dort etwas Leckeres zu haben ist. Sie finden heraus, wie der Wasserabfluss zu verstopfen und das Labor zu überschwemmen ist… Tintenfische sind sehr intelligent. Sie verfügen über ein hochentwickeltes Nervensystem mit ungewöhnlich vielen Nervenzellen, ein scharfsehendes Auge. Aber, sie haben keine Knochen, kaum etwas Festes in ihrem Körper, so dass sie beinahe jede Form annehmen können; ihr Gehirn und ihre Arme teilen sich Wahrnehmungen und Entscheidungen. Ja, ihre Arme treffen einen Teil der Entscheidungen allein: „What if intelligent life on earth evolved not once, but twice? The octopus is the closest we will come to meeting an intelligent Alien.“

  • Bildergebnis für Oher Minds - The Octopus and the Evolution of Intelligent Life. Peter Godfrey-Smith

    Inhalt von „Other Minds“

600 Millionen Jahre liegt der letzte gemeinsame Vorfahre von Menschen und Tintenfischen in der Vergangenheit. Tintenfische gehören zu den Mollusken. Und dennoch sind sie anders. „Other Minds“ thematisiert Evolutionsgeschichte und Neurologie, Psychologie und Intelligenz-Forschung. Das Buch geht dabei den Fragen nach:

  • But what kind of intelligence do cephalopods possess?
  • How did the octopus, a solitary creature with little social life, become so smart?
  • What does self-awareness mean?
  • Do they express themselfes by colour?
  • Why do they die after only 2-4 years?

Der Autor: Professor für Philosophie

Peter Godfrey-Smith berichtet über seine Leidenschaft zu Tintenfischen sehr persönlich. Er beschreibt seine Faszination, seine Erfahrungen mit diesen Wesen und wirft dabei immer wieder grundsätzliche Fragen in sehr verständlicher Weise auf. Vielleicht kein Wunder, wenn man Professor für Philosophie in New York und Professor für Geschichte und Philosophie in Sydney ist. Sowie ein passionierter Taucher.

Filme über Tintenfische

Zwei Filme bieten wunderbares Filmmaterial über Tintenfische und Kraken:

Der eine, „The Octopus Show“ von National Geographic, ist trotz seiner tollen Bilder unerträglich, da er zum einen die große Intelligenz von Oktopoden nicht einmal thematisiert, zum anderen den amerikanischen Mann in seiner Form als Entdecker und Beherrscher der Welt in den Mittelpunkt stellt.

Der andere Film ist „The Octopus´s Garden – The private World of the Chameleon of the Sea“ von Animal Nation. Ruhig, interessantes Filmmaterial und viel Information. Aufhänger ist die Geschichte eines weiblichen Tintenfisches, dessen Leben von Anfang bis Ende erzählt wird.