Power, pleasure and profit: Insatiable appetites from Machiavelli to Madison. David Wootton

Vor wenigen Tagen habe ich bereits ein Buch von David Wootton in diesem Blog besprochen. Damals ginge es um die Revolution in den Naturwissenschaften im 17. Jahrhundert. Ich war sehr beeindruckt. Davon angeregt habe ich ein weiteres Buch von Wootton gelesen. In ihm geht es darum, wie sich im Zuge der Aufklärung das Denken darüber, was wichtig ist für den Menschen, völlig verändert hat. „Pleasure“, das Glück oder das Wohlbefinden, steht auf einmal ganz oben. Anders gesagt: Eigennutz ist das Maß der Dinge. Diese Änderungen im Denken sind aktuell weiter gültig und haben dazu beigetragen, dass die Welt heute so ist, wie sie ist.
News – David Wootton

Vorher: Tugend oder gottgefälliges Handeln

Früher war alles anders. In der Antike war Tugend wichtig. Selbst wenn man als Anhänger Epikurs eher spaßorientiert an das Leben heranging, war das Ideal Gleichmut. Gottgefälliges Handeln stand hoch im Kurs, besonders mit dem aufkommenden Christentum.

Seit der Aufklärung: Eigennutz

Dann kam die Aufklärung. Ganz vorne dabei Thomas Hobbes. Sein Verständnis: Der Mensch maximiert immer sein Glück oder sein Wohlbefinden. Er minimiert sein Unglück oder sein Leiden. Der Mensch strebt nach – im Original – „pleasure“. Hilfreich dabei sind Macht und Vermögen – im Original „power“ und „profit“. Die Vernunft – „reason“ – steht dabei nicht oben in einer Pyramide, sondern sind ist ein Instrument. Die Vernunft hilft dabei auszurechnen, was unter dem Strich am meisten Glück oder Wohlbefinden abwirft. Tugend oder gottgefälliges Handeln stehen nicht mehr hoch im Kurs. Es ist grundsätzlich nichts gegen sie zu sagen, solange sie das Wohlbefinden, den Eigennutz, fördern.
Thomas Hobbes: A grim portrait of human nature

Das Dreigestirn „power, pleasure and profit“ hat dabei eine besondere Eigenschaft gemein. Man kann sie jeweils maximieren. Sie sind zwar relativ, aber letztlich nicht endlich. Es geht immer noch mehr. Man kann sich immer weiter strebend bemühen. Noch mehr, noch reicher, noch mächtiger. Und die unsichtbare Hand von Locke hilft mit Umweg über Leibniz und Voltaire auf geheimnisvolle Art und Weise dabei, dass immer alles gut wird („Tout est au mieux dans le meilleur des mondes possibles.“).

Das Buch als Essay-Sammlung

Wootton beschreibt diese Revolution des Denkens über den Menschen in seinem Buch in einer Reihe von Essays, die er aus Vorlesungen entwickelt hat. Seine Kapitel:

  • „Insatiable appetites
  • Power: (mis)reading Machiavelli
  • Happiness: words and concepts
  • Selfish systems: Hobbes and Locke
  • Utility: in place of virtue
  • The state: checks and balances
  • Profit: the invisible hand
  • The market: poverty and famines
  • Self-evidence“.

Das Thema ist offensichtlich wichtig und interessant. Die Nutzung seiner Vorlesungen pragmatisch und effizient. Leider wird daraus kein einheitliches, durchgängiges, gut lesbares Buch. Wootton verliert sich oft in Details unter Verlust eines roten Fadens. Er schreibt eher für Wissenschaftler, die „ihre“ Autoren in- und auswendig kennen. Auch vor Wiederholungen ist er nicht gefeit.

Schade aus meiner Sicht auch zwei weitere Aspekte:

  • Hilfreich würde ich es finden, auch zu untersuchen, wie (und ob) durch diese Revolution im Denken auch konkret das Handeln der Menschen anders wurde. Nicht jeder hat ja damals Hobbes, Hume, Locke und Smith gelesen. Etwas Sozialgeschichte wäre gut.
  • Wootton problematisiert das egoistische, individualistische Denkmodell der Aufklärung durchaus. Er spricht von einem „eisernen Käfig“. Toll wären zusätzlich einige Gedanken seinerseits gewesen, wie man da wieder heraus kommt oder wie man es ändern muss, damit die negativen Konsequenzen weniger werden, oder ob darüber schon anderweitig nachgedacht wird.

Wenn es schon keine Empfehlung für das Buch insgesamt ist – und zum Glück stehe ich da nicht ganz allein…. – zur Eigennutz-Steigerung empfehle ich aber dem Leser (und natürlich der Leserin) doch die Kapitel „Insatiable appetites“, „Happiness“ und „Utility“, zusätzlich zur Einleitung. À la bonheur!

A book forged in hell: Spinoza’s scandalous treatise and the birth of the secular age. Steven Nadler

Schlimmer verflucht als ihn hatte man noch keinen in der Amsterdamer Gemeinde, weder früher noch später. Baruch Spinoza, 23 Jahre alt, Jude von Geburt und Philosoph aus Neigung im 17. Jahrhundert, muss fliehen:

„Mit dem Urteil der Engel, mit dem Ausspruch der Heiligen, mit der Zustimmung des Gebenedeiten Gottes und dieser ganzen heiligen Gemeinde und dieser heiligen Bücher, mit den Sechshundertdreizehn Geboten, die in ihnen geschrieben sind, mit dem Fluch, mit dem Joshua Jericho verflucht hat, und mit dem Fluch, mit dem Elisha die Burschen verflucht hat, und mit allen Flüchen, die im Gesetz geschrieben sind, verbannen, verstoßen, verwünschen und verfluchen wir Baruch de Espinosa. Verflucht sei er bei Tag und verflucht sei er bei Nacht, verflucht sei er, wenn er sich hinlegt, verflucht sei er, wenn er aufsteht, verflucht sei er, wenn er hinein geht und verflucht sei er, wenn er hinaus geht. Möge ihm der Herr, der dann in diesem Mann, in dem alle Flüche, die im Buch dieses Gesetzes geschrieben sind, liegen werden, seinen Zorn und Missgunst zum Brennen und, mit allen Flüchen des Himmels, welche im Buch des Gesetzes geschrieben sind, seinen Namen unter dem Himmel auslöschen und, zu seinem Übel, aus allen Stämmen Israels entfernen wird, nicht verzeihen. Und ihr, die dem Herrn, eurem Gott, ergeben seid, seid alle heute am Leben. Wir warnen, dass niemand mit ihm weder mündlich noch schriftlich kommunizieren noch ihm irgendeinen Gefallen tun noch mit ihm unter einem Dach noch ihm näher als vier Ellen sein noch irgendein von ihm geschriebenes Blatt lesen darf.“
Hier das Original in Portugiesisch (die Amsterdamer Juden waren Sepharden mit Portugiesisch bzw. Spanisch als offizieller Sprache):

Die Christen waren da gerne mit dabei, sogar Leibniz regte sich auf. Der katholische Index verbotener Bücher war um einen Titel reicher. Man war sich einig: Ein schlimmer, gottloser, umstürzlerischer Mensch. Er muss weg. Und vor allem auch seine Bücher!

Neugierig auf Spinoza wurde ich durch die Philosophiegeschichte von Anthony Gottlieb.
An den Originaltext seines „Tractatus theologico-politicus continens dissertationes aliquot, quibus ostenditur Libertatem  Philosophandi non tantum salva Pietate, & Reipublicae Pace posse concedi: sed eandem nisi cum Pace Reipublicae, ipsaque Pietate tolli non posse“ habe ich mich noch nicht gewagt. Allerdings ist die Neugier nach dem Lesen des Buchs von Nadler noch größer geworden.

Der Grund der Aufregung?
Logisch sauber argumentiert und auch für Nicht-Philosophen sehr gut zu verstehen, zerlegt Spinoza so ziemlich alles, was den Mächtigen in Politik und Religionen für ihren Machterhalt (und vielleicht auch für ihren Glauben) wichtig war. In der Zusammenfassung der wichtigsten Punkte von Nadler:
„Spinoza was the first to argue that the Bible is not literally the word of God but rather a work of human literature; that ‚true religion‘ has nothing to do with theology, liturgical ceremonies, or sectarian dogma but consists only in a simple moral rule: love your neighbor; and that ecclesiastic authorities should have no role whatsoever in the governance of a modern state. He also insisted that ‚divine providence‘ is nothing but the laws of nature, that miracles (…) are impossible and belief in them is only an expression of our ignorance of the true causes of phenomena, and that the prophets of the Old Testament were simply ordinary individuals who (…) happened (…) to have particularly vivid imaginations. The book’s political chapters present as eloquent a plea for toleration (…) and democracy as has ever been penned.“

Seine Vorgänger wie Maimonides, Hobbes und seine Nachfolger wie Locke haben zwar vielleicht ähnlich radikal gedacht und argumentiert wie er, aber sie haben sich oft vorsichtiger ausgedrückt. Spinoza folgt allein der Logik seiner Argumentation, denkt und schreibt frei und unabhängig.

Logisches, unabhängiges, freies Denken und Schreiben ist ihm auch ein besonderes Anliegen, wie schon der lateinische Untertitel seines Tractatus theologico-politicus sagt: Nicht nur kann Freiheit des Denkens („libertas philosophandi„) gewährt werden, ohne dass es Religiosität und Frieden schadet, sondern im Gegenteil man zerstört diese, wenn man die Freiheit des Denkens beseitigt.
Meinungs- und Redefreiheit sind Grundvoraussetzung für ein dauerhaft funktionierendes, sich gut entwickelndes Gemeinwesen.

Und das Buch von Nadler?

Sehr gut lesbar. Durchaus auch spannend und unterhaltsam. Macht die Argumentation von Spinoza in ihren wesentlichen Aspekten sehr transparent und nachvollziehbar. Vielleicht gelegentlich etwas redundant geschrieben. Mit ausreichend Einbettung in die Biographie von Spinoza. Gut ausgewählte Anekdoten. Bietet zusätzlich eine sehr hilfreiche Einordnung in den politisch-religiös-kulturellen Hintergrund Hollands und Amsterdams im 17. Jahrhundert. Macht deutlich, warum sich Amsterdam für mehrere Jahrzehnte den alternativen Namen „Eleutheropolis“ verdient hat.

Und der Fluch?
Hat nicht gewirkt. Vielleicht hat also Spinoza Recht mit seinen Argumentationen?

The dream of enlightenment: The rise of modern philosophy. Anthony Gottlieb

„Men must think for themselves.“ Dieser möglichen Quintessenz der Werke von Locke, einem der Protagonisten der Philosophie der Aufklärung, folgt Anthony Gottlieb im zweiten Band seiner Philosophiegeschichte aufs Beste.

Gottlieb ist ein erstaunlicher Autor. Er vermittelt sehr überzeugend den Eindruck, dass er all die Philosophen und ihre Werke, über die er schreibt, tatsächlich selbst gelesen hat. Dass er sich eigenständig Gedanken gemacht hat über das Gelesene und nicht nur bei anderen abschreibt. Dass er es verglichen hat mit dem, was andere über diese Philosophen gesagt oder oft: behauptet haben. Dass er die Ergebnisse auf eine pointierte, amüsante und interessante, leichtfüssig-tiefschürfende Art und Weise literarisch-sorgfältig zu Papier gebracht hat. Dass er dafür sogar noch einen Verlag gefunden hat. Und – vielleicht das Erstaunlichste überhaupt – dass er zahlreiche Leser findet. Vielleicht eine der besten Nachrichten bisher im Jahr 2017.

Auf den meisten englischen Büchern finden sich Zitate aus Rezensionen. Immer sind diese positiv. Deutlich seltener kann man sich selbst diesen Zitaten am Ende vorbehaltlos anschließen. Bei diesem Buch gelingt das: „delightfully written und wonderfully instructive“, „as enjoyable as he is intellectually stimulating“, „written with both wit and scholarship“, „never seen a discussion of philosophy as fun to read“. Besonders gelungen ist wieder einmal eine Rezension im Guardian, die auch eine gute inhaltliche Zusammenfassung des Buchs bietet (auf die Leser dieses Blogs sonst – wie so oft – verzichten müssen, da wir ja zum Selberlesen anregen wollen).

Ach, und mutig ist Gottlieb auch, indem er sich konzentriert. Er beginnt mit der Beobachtung: „Western philosophy is now two and a half millenia old, but a great deal of it came in just two staccato bursts lasting some 150 years each. The first was in the Athens of Socrates, Plato and Aristotle (…). The second was in northern Europe, in the wake of Europe’s wars of religion and the rise of the Galilean science. It stretches from the 1630s to the eve of the French Revolution in the late eighteenth century.“ Alles, was nicht wesentlich ist, lässt Gottlieb weg, und beginnt seine Geschichte der Philosophie der Aufklärung mit Descartes. Mit Hume ist dann Schluss. Pech für Francis Bacon (der aber dann doch in Zitaten zu seinem Recht kommt), Pech auch für Rousseau und Voltaire (die aber im Schlusskapitel nebeneinander, wie im Pantheon, mit ihren Unterschieden, wie in ihrem Leben, gewürdigt werden).

Ohne auch nur im Ansatz schematisch zu wirken, sondern mit (fast) soviel Variationsreichtum wie Bach in seinen Goldberg-Variationen, stellt Gottlieb immer die Biographie, die Hauptwerke, die philosophischen Hauptgedanken und auch die Nachwirkung der verschiedenen Philosophen dar. Praktisch immer ist er frei von Ehrfurchtsgeraune. Nie versteckt er eigene gedankliche Leere hinter obskurantistischen Formulierungen, wie sie manche Philosophen und viele deutsche Wissenschaftler pflegen. Wenn Gottlieb selbst etwas nicht überzeugt oder einleuchtet, dann schreibt er das auch und reduziert so die Hürde auch für philosophisch weniger hartgesottene Leser. Wenn Leibniz etwas nicht besonders gut mit einem Beispiel erklärt, schreibt Gottlieb: „This little thought-experiment does not settle anything, but it neatly expresses a common intuition.“ Woraus auch zu erkennen ist, dass Gottlieb uneitel und nicht besserwisserisch schreibt, frei von herablassender Häme, die journalistisch geprägten Autoren sonst gelegentlich mit in die Feder fließt. Es scheint ihm viel Vergnügen zu bereiten, anderen Philosophen hinterherzudenken.

Vor diesem Buch hätte ich nicht gedacht, dass ich Neugier und Lust entwickeln könnte, den Tractatus theologico-politicus von Spinoza oder gar das historisch-kritische Wörterbuch von Pierre Bayle zu lesen. Da habe ich mich sehr getäuscht.

Übrigens: Vom ersten Band war ich ebenfalls schon letztes Jahr sehr angetan wie in einem anderen Blogbeitrag vermerkt.

Und außerdem: Im spanisch- oder holländisch-sprachigen Ausland gibt es Gottlieb schon in Übersetzung. Im Land der Dichter und Denker offenbar nicht.

Josiah Wedgwood – Entrepreneur to the Enlightenment. Brian Dolan

Wedgwood? Das sind doch diese kitschigen englischen Väschen und Tellerchen, oder?

„Wedgwood“ war einmal DAS Porzellan (eigentlich Keramik) für Europa, für Amerika, für Russland. Königinnen und Zarinnen, Adelige und Wohlhabende in fast aller Herren Länder wollten Wedgwood. Und waren bereit, sehr viel Geld dafür zu zahlen. Wie kam das?

Das Buch von Brian Dolan zeichnet nach, wie ein Junge aus einer eher ärmlichen Familie zu einem hochgeachteten, berühmten und reichen Töpfer werden konnte, der fast 300 Menschen in seinem Werk beschäftigte.

Wer war Josiah Wedgwood?

Josiah Wedgwood (1730 – 1795) war ein englischer Töpfer und Geschäftsmann, Gründer der Wedgwood Company. Er gilt als Erfinder der industriellen Fertigung von Töpferwaren  durch Arbeitsteilung und auf diese Weise stark reduzierten Produktionskosten. Seine Erfindungen weckten Begeisterung bei Kunden und wurden rasend schnell – wo immer möglich – von seinen Konkurrenten kopiert.

Was zeichnte Josiah Wedgwood aus?

Wedgwood glaubte als Mitglied einer reform-protestantischen Minderheit daran, dass die Erforschung der Natur ihre tiefe Würdigung als Gottes Schöpfung darstellt. Er sah unternehmerischen Erfolg als Verantwortung zur Förderung des Gemeinwesens.

Erfindertum

Wegdwood war nicht nur ein hervorragender Töpfer, er war auch ein systematischer, kreativer Erfinder. In den Nächten experimentierte er mit Metallen, um unterschiedliche Glasur-Effekte zu erzielen, mit Brenntemperaturen, Ton-Zusammensetzungen und neuen Formen. Seine Experimente hielt er in seinen Notizbüchern in Code fest.

Marketing-Geschick

Fast scheint Wedgwood geahnt zu haben, was seine Klientel wünschen können müsste. Alle Ansatzpunkte verfolgte er mit Methoden, die sehr modern wirken. Schaufenster-Gestaltung, Produkt-Zyklen und Testimonials bekannter Personen: All dies setzte er ein.

Glück

Wedgwood hatte Glück – und hat dieses am Schopf gepackt: Seine Frau Sarah Wedgwood sah sich als Unternehmer-Frau, er fand in der Lunar Society Freunde, die eine bessere Ausbildung genossen hatten und seine Ideale teilten, er erfüllte die ausgefallenen Wünsche mächtiger Kunden.

Meilensteine

Helles Steingut in der Farbe von Porzellan

Wedgwood erfand eine Glasur, die – bis dahin in einzigartiger Weise – Geschirr fast weiß und ebenmäßig glatt aussehen ließ. Die Keramik wirkte fast wie Porzellan. Hiervon ließ sich auch Königin Charlotte begeistern. Danach die russische Zarin.

Jasper-Ware

 Eine sehr erfolgreiche Erfindung Wedgwoods war ein durchgefärbter, matter Ton. Auf diesen konnte er außerdem hauchdünne weiße Schichten aufbringen. Beliebt waren Kannen, Tassen, Schmuck, aber auch Schuhschnallen aus diesem Material.

Dekorative Vasen

Wedgwood nutzte die Begeisterung der Adligen und akademisch Gebildeten für die Antike, indem er klassizistische Motive verwendete. Außerdem: Als er bemerkte, wie groß die Leidenschaft für antike Vasen wurde und wieviel Geld Sammler für diese ausgaben, hatte er die brilliante Idee, extrem hochwertige dekorative Vasen herzustellen. Sein Coup war die Kopie einer römischen Glasvase, die sogenannte Portland Vase (Foto rechts). Wedgwoods Kopien von dieser waren eine Sensation. Mehr Publicity geht nicht.

Buchbeschreibung: „An intriguing examination of the life and times of Josiah Wedgwood, potter to the Queen, and an Enlightenment pioneer. Brian Dolan combines the remarkable story of Josiah Wedgwood, the English potter whose works are among the finest examples of ceramic art, with the story of the 18th-century world of industry, fashion and connoisseurship.“

Ein tolles Buch!

The Pursuit of Glory: Europe 1648-1815. Tim Blanning

The Pursuit of Glory by Tim Blanning

Sollte sich jemand wundern, dass ich in der letzten Zeit eher wenige Beiträge geschrieben habe: Dieses Buch ist der Grund mit seinen 677 recht fein bedruckten Seiten, die man erst einmal lesen muss. Habe ich getan. Fazit: Das mit Abstand beste und lesbarste Buch mit dem Anspruch eines Gesamtüberblicks über die Zeit zwischen Westfälischem Frieden und Wiener Kongress, das ich bisher gelesen habe – mit  Abstand.

Aufmerksam geworden bin ich durch eine neue Biographie über Friedrich den Großen, die ebenfalls Blanning geschrieben hat. Erst war ich skeptisch, da ich ein anderes Buch aus der Serie „The Penguin History of Europe“ – das von Mark Greengrass über die Epoche von 1515 bis 1648 – substanziell, aber ermüdend fand, und diese Art von Türstopper-Buch ja oft nicht die Balance findet zwischen zu oberflächlich und zu detailliert.

Blanning gelingt sie. Das Buch fasziniert und beeindruckt von der ersten bis zur letzten Seite. Es ist intelligent und durchaus amüsant, gelegentlich auch erfreulich sarkastisch geschrieben. Vor allem aber: Blanning bietet hochkompetent und mit viel Verstand eine sehr umfassende, keinesfalls einseitige Darstellung der Epoche. Dies kann man schon an den Überschriften der Teile des Buchs ablesen. Part One: Life and Death – Part Two: Power – Part Three: Religion an Culture – Part Four: War and Peace. Die zahlreichen Kriege der Epoche werden in nur (aber immerhin) 140 Seiten behandelt, also etwa einem Fünftel des gesamten Umfangs. So hätte ich gerne früher Geschichte gelernt. Und vieles über die Epoche hatte ich ganz anders gelernt, über Preußen, die Habsburger, die Napoleonische Zeit.

Ich empfehle dieses Buch also – wie man unschwer erkannt hat – auf das Wärmste!

Sehr schwierig, eine Leseprobe aus der Fülle zu greifen:
„One final paradox of great importance needs to be stressed. The war which the French revolutionaries unleashed in April 1792 was intended to be the most universal war there had ever been, a war for the liberation of all humanity. (…) By the spring of 1793 the war had ceased to be universal and had become national: as Danton told the National Convention on 13 April, ‚above all things we need to look for French greatness‘. The next stage in this ideological contraction (…): by 1808 the war was being fought for the benefit of one family, the Bonapartes. Yet even that was not the limit of the contraction, for by 1810 Napoleon was concluding that his siblings were not sufficiently obedient and was clawing back what little independence they enjoyed. (…) The war had become a war for one man.“

Gelesen habe ich die englisch-sprachige Taschenbuchausgabe von 2008. Eine deutsche Übersetzung gibt es (noch?) nicht.

An Essay on Criticism. Alexander Pope

Heutzutage wohl ein deutlich unterbewerteter Dichter. Auch relevant, wenn man einen Blog neu beginnt, zum Beispiel in seinem 1709 erschienenen Essay on Criticism:
 ‚Tis hard to say if greater want of skill
Appear in writing or in judging ill;
But of the two less dangerous is th‘ offence
To tire our patience than mislead our sense:
Some few in that, but numbers err in this,
Ten censure wrong, for one that writes amiss.

The Invention of Science: A New History of the Scientific Revolution. David Wootton

Unter der Überschrift „Understanding the universe – An intellectual and cultural Revolution gave birth to modern science“ hat der Economist eine ausgezeichnete Buchbesprechung gebracht: http://www.economist.com/news/books-and-arts/21676740-intellectual-and-cultural-revolution-gave-birth-modern-science-understanding . Das Buch wird im Dezember 2015 erscheinen.