Die Cambridge-Morde. Dilwyn Rees

„Prehistoric and early Wales“, „The prehistoric chamber tombs of England and Wales“, „The Greeks until Alexander“ und dann das: „The Cambridge murders“ – „Die Cambridge-Morde“, der Erstlingskrimi von Glyn Daniel, unter dem Pseudonym Dilwyn Rees veröffentlicht, erschienen 1945.

Glyn Daniel steht in der langen Reihe von Universitätsdozenten aus Cambridge und Oxford (Tolkien, um nur einen zu nennen!), die sich auch leichterer Literatur zugewendet haben. Er selbst war als Fellow des renommierten St. John’s College – 10 Nobelpreise, das bekommen manche Länder nicht zusammen! – an der Universität Cambridge als Disney Professor of Archaeology tätig und saß damit auf einem der gewichtigsten archäologischen Lehrstühle überhaupt. Seine Hobbies hat er beschrieben als „field archaeology, travel , and wine-tasting (all three mainly in France), golf and squash (both of which I do badly), music – and detective fiction.“ Das Bild zeigt ihn obenauf in situ bei seinem ersten Hobby.

Detective fiction kann er gut, auch wenn er nicht mehr sehr bekannt hierfür ist (und auch damals nicht sehr bekannt war).

Für „The Cambridge murders“ ist es wichtig, dass Daniel am St. John’s College war. Denn nicht nur widmet er den Krimi „To the Master and Fellows – and more particularly the Dean – of my own College, the College of St John the Evangelist“, die Handlung spielt auch recht offensichtlich in diesem College. Die Camouflage eines Fisher College (Thomas Fisher war einer der Gründer von  St. John’s), das zwischen Trinity und St John’s College liegen soll, ist schnell durchschaut, spätestens beim Blick auf den dem Krimi vorgeschalteten Lageplan des angeblich Fisher College.

Der Krimi hat Daniel wohl beim Schreiben bereits viel Vergnügen gemacht und macht auch beim Lesen Spaß, wie sich bereits am ersten Satz ahnen lässt:
„To those who were educated in the older and more beautiful of the two ancient Universities there is no need to explain that Fisher College lies between Trinity and St John’s (…).“
Er ist dynamisch und spannend geschrieben und mit genügend Lokalkolorit ausgestattet. Der Plot ist ganz schön verwickelt mit vielen Verdächtigen und noch mehr Spuren, die allesamt anscheinend ins Nichts (und auch nach Frankreich) führen. Held der Geschichte: der Archäologieprofessor von St. John’s (Ähnlichkeiten mit dem Autoren sind wahrscheinlich rein zufälliger Natur, denn „Every character in this book is entirely fictitious and no reference whatever is intended to any living person.“)

Erstaunlich, aber nicht ungerechtfertigt: Sein zweiter Krimi, „Welcome death“, wurde sogar ins Deutsche übersetzt. Und zumindest in Englisch sind beide – sogar als Hörbuch! – immer noch passabel zu bekommen.

The glimpses of the moon. Edmund Crispin

„The glimpses of the moon“ ist Edmund Crispins letzter Krimi, geschrieben 1977, nach mehr als 25 Jahren Pause, ein Jahr vor seinem frühen Tod.  Crispin ist einer der unbekannteren (daher unten im Bild-Hintergrund…) Krimi-Autoren, die wir an anderer Stelle unseres Blogs bereits empfohlen haben.

Die Stärken Crispins sind in diesem letzten Roman alle noch zu spüren, die Kreativität, der Witz, das Vergnügen an Sprache, das leicht Durchgeknallte, auch die Fähigkeit zu ungewöhnlichen Plots. Leider merkt man, dass Crispin gesundheitlich wegen Alkoholproblemen sehr schwer angeschlagen war. So gerät der Krimi an etlichen Stellen etwas aus den Fugen; Beschreibungen werden zu lang und verlieren den Bezug zum Plot; Verfolgungsjagd folgt auf Verfolgungsjagd; die Charaktere werden nicht mehr recht dreidimensional; durch die zahllosen erzählerischen Mäander geht die Spannung verloren; Personen werden nicht mehr eingeführt und tauchen später nicht mehr auf; die Zitate zu Beginn eines jeden Kapitels passen nicht mehr und sind auch für sich allein nicht prägnant genug.
Entschädigt wird man durch die Schildkröte, die in keinem seiner anderen Romane vorkommt und den Krimi einzig macht, was sie – siehe Foto – zu wissen scheint….

Nicht zuletzt: Alleine schon für das gelegentliche Glitzern seines Sprachwitzes ist es gut, dass es diesen Krimi noch gibt.

„‚Yes, well now, as I was saying, Fen is a Professor, and from Oxford. He’s staying down here for part of his sabbatical, to write a book. It’s to be about the modern novel. The post-war novel, that is. The post-war British novel. (…)‘
‚Burgess, Anthony,‘ Fen instanced helpfully. ‚Amis, Kingsley. Lessing, Doris, Howard, E.J., Drabble, Margaret… Brooke-Rose, Christine.‘
‚Hysteron proteron,‘ said the Major.
‚I don’t know Hysteron’s work,‘ said Padmore. ‚But the others, of course, are all very – are all very -‚“

Gelesen habe ich eine amerikanische Ausgabe von 1978. Eine deutsche Übersetzung ist antiquarisch für kleines Geld (weniger als DM 1,95) zu bekommen.

 

 

 

 

Dandy Gilver & The Reek of Red Herrings. Catriona McPherson

Dandy Gilver hat es dieses Mal besonders schwer. Dieser englische Krimi geht ganz ins Gruselige, ja Makabre. Dazu trägt der Ort der Handlung bei: Windumtoste, graue, kalte schottische Küste. Die Handlung allerdings noch mehr: Es gibt zwei Herren, die auf das Ausstopfen von Tieren spezialisiert sind. Es gibt abergläubische Traditionen, die den Schrecken Ertrunkener von den Lebenden fernhalten sollen – aber niemand scheint sich zu fürchten, obwohl angeblich ein Mann ertrunken ist.

Außerdem beginnt die Detektivgeschichte mit einem Hering-Fass, in welchem menschliche Überreste entdeckt worden sind.

Leseprobe: „Five strangers. Five strangers in this tiny town, with no tea-room, no public house, no reason for strangers to be there at all. And only that one, the young chap who called himself an artist´s model, with the slightest hint of a purpose in coming.“

Dandy Gilver und ihr Partner Alec Osborne lösen in diesem spannenden Krimi einen ganz besonders harten Fall. Der die beiden übrigens am Ende selbst zweifeln läßt, ob sie sich korrekt genug verhalten haben.

„The Reek of Red Herrings“ ist wieder einmal ein ganz ausgezeichneter Krimi von Catriona McPherson.

Zu unseren Krimi-Seiten geht es auf dieser Einstiegsseite und all unsere Leseempfehlungen zu Detektiv-Geschichten finden sich in der Rubrik Krimi.

Thirteen Guests. J. Jefferson Farjeon

Detektiv-Geschichte aus dem „goldenen Jahrzehnt“ der dreißiger Jahre in England: Ein junger Mann wird nach einem Unfall von einer schönen Unbekannten in ein Herrenhaus gebracht, welches gefüllt ist mit erstaunlich unpassenden Wochenendgästen. Auch die Schöne behält ihr Geheimnis.

„She had been described by her husband, now lying peacefully in his grave, as one of life’s most glorious risks, and he had consciously taken the risk when he married her. „Let her tear me to pieces“, he said on his wedding-day. She had done so. She had jolted him from heaven to hell. And he had never reproached her.“

Der junge Mann ist der 13. Gast. Die Atmosphäre ist unheimlich, eine heitere Wochenendstimmung will nicht aufkommen. Dann wird ein Porträt beschädigt, zwei Tote werden aufgefunden, Gift eines chinesischen Kochs kommt ins Spiel, außerdem eine zerbrochene Flasche, und eine Dame verschwindet….

J. J. Farjeon lebte von 1883 bis 1955. Er kam aus einer Literaten-Familie. Seine erste Detektiv-Geschichte, „The Master Criminal“, erschien 1924. Durch Alfred Hitchcock verfilmt wurde „No. 17“, veröffentlicht unter Farjeons Pseudonym Anthony Swift. „Thirteen Guests“ zeichnet sich durch detaillierte, ironische Charakterzeichnung aus. Die Sprache und das Erzähltempo atmen noch die Luft der 20er Jahre. Hierdurch wird die Geschichte amüsant. Spannend wird sie durch die Kombination von romantischen und unheimlichen Elementen.

Pictures & Photos from Nummer siebzehn (1932) Poster

Diese klassische englische Detektiv-Geschichte erschien 1936. Sie begründet neben Romanen von Bentley – „Trent’s Last Case“ – , Lord Gorell – „In The Night“ – und Agatha Christie – „The Mysterious Affair at Styles“ – das Setting der Country House Mysteries.

Hier gibt es Tipps zu den besten unbekannten Krimis…

The Moth Catcher. Ann Cleeves

Eine für mich neue Krimi-Autorin wollte ich testen: Ann Cleeves. Sehr bekannt in England unter anderem wegen vieler Verfilmungen ihrer Romane. Durch viele Übersetzungen auch dem deutschen Publikum kein unbeschriebenes Blatt. Insgesamt in 20 Sprachen übersetzt. Krimi-Vielschreiberin seit Mitte der 80er Jahre.

Gekauft habe ich „The Moth Catcher“, den neuesten ihrer Krimis, erschienen im Herbst 2015 (und noch nicht übersetzt), Teil ihrer beliebten Vera-Stanhope-Serie.

Ich habe also entdecker-freudig und ziemlich aufgeräumt mit dem Lesen begonnen. Auch war das Wetter mit Sturm und Nebel und Dunkelheit bestens geeignet für das Lesen mörderischer Krimis. Knarrende Dielen, flackerndes Kerzenlicht. Ich zwischen weichen Kissen und unter warmen Decken mit leckeren Getränken neben mir. Nur die Eulen waren verdächtig still, was mir eine Warnung hätte sein können.
Gestern Abend ist es dann passiert: Ich beschloß, das Experiment zu beenden. Ging nicht mehr. Gehöre wohl nicht zur Zielgruppe von Cleeves. Kommt nicht auf die Liste unserer bevorzugten Krimi-Autoren. Schade.

Warum? Für mich ist die Sprache zu platt und der Stil zu schlecht von Ruth Rendell oder Peter Lovesey kopiert, sind die Charaktere zu durchsichtig auf Effekt konstruiert, ist das Ganze zu stringent in die Kategorie „Wieder ein Bestseller“ hineingeschrieben. Und für einen Krimi vielleicht nicht unwesentlich: Nach deutlich über 100 gelesenen Seiten kam für mich nicht der Hauch von Spannung auf – trotz wie gesagt besten Krimiwetters draußen. Passt aber auch: Schließlich ist Cleeves auch Programming Chair des Theakston’s Old Peculier Crime Novel of the Year Award – und dessen ausgezeichnete Autoren schätze ich eher nicht…

Um ein Beispiel zu geben für das, was ich meine:
„‚Can I get you something to drink, Inspector?‘ ‚I’m on duty.‘ She wondered why she couldn’t be more gracious, why she found the man so intensely irritating. He gave a little laugh. ‚I wasn’t thinking of alcohol. It’s not wine o’clock, even in the Lucas household. And we had a bit of a session here last night. But I could do you a coffee.‘ ‚Thank you,‘ she said. ‚That would be lovely.‘ The man shouted up the polished wooden stairs that twisted from a corner of the room. ‚Lorraine, we’ve got a guest. Are you ready for a break?‘ There was a muffled reply. ‚My wife,‘ he said. ‚She took up watercolours again when we retired, and she’s ever so good (…)'“

Vielleicht wäre das Buch besser geworden auf den verbliebenen 300 Seiten, und ich tue ihm und der Autorin unrecht. Aber ich war verstimmt und verdrossen – und bin zu einem anderen Buch gewechselt!

Krimi für London-Fans: Rattle His Bones. Carola Dunn

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Für London-Fans, die Krimis und das Naturhistorische Museum in Kensington lieben, ist das der passende Krimi: Juwelen des Natural History Museums wurden gestohlen und durch Glas-Kopien ersetzt. Außerdem wird ein Wissenschaftler tot aufgefunden, erstochen mit einer prähistorischen Waffe aus Stein. Weiterhin wurde dabei ein Dinosaurier-Skelett niedergerissen, die Knochen liegen verstreut am Boden. Zusätzlich gibt es noch einen verarmten Adligen aus dem Balkan, der einen riesigen Edelstein zurück haben möchte, um damit Rebellen zu finanzieren. Wenig Verständnis hat er dafür, dass dieses Juwel zur Zeit in einer Vitrine des Museums ausgestellt ist…

Die spannende Geschichte führt hinter die Kulissen des Museums, erläutert nebenbei die wissenschaftliche Arbeit und streift in diesem Zug ein paar relevante wissenschaftliche Dispute aus den 1920er Jahren. Daisy Dalrymple als versierte Amateur-Detektivin wird in das Geschehen verwickelt, da sie für einen Artikel über das Museum vor Ort recherchiert. Selbstverständlich hat sie bereits mit allen Verdächtigen gesprochen, bevor die Polizei mit ihren Interviews beginnen kann.

Weitere Besprechungen von Krimis finden sich hier.

Außerdem gibt es eine Übersichtsseite für die besten Krimis aus Sicht von Markus und Louisa; die besten unbekannten Krimis stellen wir auf dieser Seite vor.

Detektiv-Geschichte: Death at Wentwater Court. Carola Dunn

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Dies ist der erste Band einer ganzen Serie mit Daisy Dalrymple als Freizeit-Ermittlerin. Als eine verarmte Adlige im England der 1920er Jahre verdient die Protagonistin ihren Lebensunterhalt mit dem Schreiben von Artikeln für Magazine und Zeitschriften. In der Ausübung ihres Berufs gerät sie regelmäßig in Mordfälle hinein, zum Leidwesen ihres angehimmelten Detective Inspector Alec Fletcher von Scotland Yard. Warum? Sie ist jung und hübsch und verfügt darüber hinaus über das Talent, fremde Menschen zu vertraulichen Gesprächen zu motivieren.

„At twenty-fife she ought to be sophisticated and selfconfident, but the butterflies refused to be banished from her stomach. She had to succed. The alternatives were altogether too blighting to contemplate. Was the emerald green cloche hat from Selfridges Bargain Basement a trifle too gaudy for a professional woman? „

Die Krimis sind nett zu lesen, Plots komplex, allerdings fehlt ihnen eine Spannungskurve. Alle Texte plätschern vor sich hin. Dennoch sind sie gut geeignet für einen regnerischen Nachmittag oder einen frühen Abend unter der Bettdecke.

Krimi-Empfehlungen von Markus und Louisa stehen auf diesen Seiten…

Krimi: Morse’s Greatest Mystery. Colin Dexter

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Normalerweise mache ich um Kurzgeschichten von Krimi-Autoren einen großen Bogen: Plots, die nicht für einen ganzen Krimi gereicht haben – Geschichten, die aufgenommen wurden, um auf die erforderliche Seitenzahl zu kommen – Produkte kreativer Ebbe.

Vor die Wahl gestellt werde ich auch in diesem Fall nach dem Lesen der Kurz-Krimis von Colin Dexter immer seine Romane empfehlen. Andererseits sind Geschichten von Dexter oft besser als ganze Romane anderer Autoren, daher ist er auch unter unseren empfohlenen Krimi-Autoren… Und so gibt es in diesem Band einige Geschichten, die sich sehr gut behaupten und dem Leser/der Leserin Spaß machen können. Für mich gehören hierzu „Evans Tries an O-Level“ über einen Gefängnisausbrecher, „A Case of Mis-identity“ als Dexters einziger, auch stilistisch passender Sherlock Holmes-Geschichte und „The Inside Story“, die fast ein ganzer Roman hätte werden können.

Anregend auch immer die kurzen Zitate, die Dexter häufig seinen Kapiteln voranstellt wie zum Beispiel eines von Henry David Thoreau: If I repent of anything, it is very likely to be my good behaviour.

Gelesen habe ich die Taschenbuchausgabe von 2011.

Down Among the Dead Men. Peter Lovesey

imageUnter den aktuellen englischen Kriminalschriftstellern nimmt Peter Lovesey eine Sonderstellung ein, da er zwischenzeitlich so viele Auszeichnungen erhalten hat, dass er mittlerweile nur noch als „multi-award-winning author“ bezeichnet wird, um die Aufzählung nicht zu lang werden zu lassen. Früher schrieb Lovesey historische Krimis, die in viktorianischer Zeit (Sergeant Cribb als Detektiv) oder später spielen (mit dem englischen Thronfolger Edward, genannt Bertie, als Detektiv).
Sein Detektiv fürs Zeitgenössische ist Peter Diamond, der auch in Down Among the Dead Men die Aufklärung vorantreibt.
Spannend und flüssig geschrieben, sorgfältig konstruierter Plot, neben Crime auch etwas Sex, wenig Brutalität, nachvollziehbare, wenn auch nicht allzu subtil gezeichnete Charaktere, gut lesbare Sprache auch im englischen Original. Diese Beschreibung trifft auch auf seinen neuesten Krimi zu, der gerade kürzlich in England erschienen ist.
Zwischenzeitlich sind einige von Loveseys früheren Krimis auch ins Deutsche übersetzt. Mehr davon wäre schön.