Poseidon’s steed: the story of seahorses, from myth to reality. Helen Scales

Faszinierende Tiere, Seepferdchen. Sehr beliebt heutzutage, fast wie Einhörner. Vielleicht sind sie sogar die besseren Einhörner, denn es gibt sie ja wirklich. So unglaublich einem das auch vorkommt, wenn man tatsächlich ein lebendes Seepferdchen sieht.

Seepferdchen gehören in die Familie der Syngnathidae, auf deutsch: Seenadeln. Sie zählen zu den Fischen – auch wenn man das einem Seepferd, abgesehen von seinen winzigen Flossen, nicht gleich ansieht. Ihr absolutes Alleinstellungsmerkmal unter allen Tieren: Bei Seepferdchen übernehmen die Herren Schwangerschaft und Geburt. Die Taxonomen unter den Naturwissenschaftlern tun sich mit ihnen schwer und können sich nicht einigen, wie viele Arten es eigentlich gibt. Einige sagen ca. 40, andere um die 80 oder mehr.
Hippocampus hystrix (Spiny seahorse).jpg

Helen Scales, deren Buch „Spirals in time“ wir in diesem Blog auch schon besprochen haben, befasst sich aber nicht nur mit den naturwissenschaftlichen Aspekten der Seepferdchen. Alles mit dem Schlagwort „Seepferdchen“ wird behandelt: Mythologie und Sagen, Medizingeschichte, Schmuck, Populärkultur… Diese Breite ist eine Stärke von Scales, bekommt man so doch einen wirklich guten und interessanten Überblick und erfährt viel über die übergreifenden Zusammenhänge. Ein weiteres Plus von Scales: Sie schreibt so, dass man ihre Bücher gerne liest: Persönlich, flott, gute Metaphern, gekonnte Übergänge.

Nicht so gut gefallen mir zwei andere Aspekte, die mit ihren Stärken einhergehen. Dadurch, dass sie so viele unterschiedliche Aspekte behandelt, kommt sie gelegentlich deutlich in die Randgewässer des eigentlichen Themas. Seepferdchen spielen eine Rolle in der traditionellen chinesischen Medizin – das nimmt Scales zum Anlass, einen Überblick über die gesamte chinesische Medizin zu geben. Auch hat Scales eine leichte Neigung, all ihre Seepferdchen-Fundstücke  in ihr Buch einzubauen – eine vollständige Liste aller Trickfilme, in denen sie auftauchen, ist aber vielleicht doch kein Muss; weniger wäre an der einen oder anderen Stelle vielleicht mehr.

Diese Kleinigkeiten ändern aber nichts daran, dass ein Zitat auf dem Buchrücken schon zutrifft: „This seems to be just about the perfect book: small, delicate, elegant, charming, unusual, fascinating, and uniquely memorable – a classic of its kind. In fact, now I come to think of it, Poseidon’s Steed is, itself, a sort of seahorse of the book world.“

Der deutsche Buchmarkt hat Scales leider noch nicht entdeckt. In Deutschland gibt es weder wild in der Natur vorkommende Seepferdchen noch eine Übersetzung dieses erfreulichen Buchs. Dabei ist allein schon die Website von Helen Scales einen Besuch wert.

Hühner-Gegacker. Hrsg. von Simone Schiffner-Backhaus

Hühner-Eier und Strom haben etwas gemeinsam: Viele wissen nicht (und/oder es ist ihnen auch egal), wie und wann sie produziert werden. Im einen Fall brauche ich nur in den Supermarkt gehen und kann einladen, so viele Eier ich mag. Im anderen kommt das Gebrauchte einfach aus der Steckdose und fertig.

Bücher über Energie, Energiewende, Umwelt gibt es viele. Nicht alle sind charmant. Bücher über Hühner sind seltener. Und sie sind in der Regel sehr nett.

Hühner-Gegacker, die neueste Erscheinung (Oktober 2018!) im Hühnersegment des deutschsprachigen Buchhandels, ist ebenfalls sehr nett. Und sehr anders.

Mehr als ein Dutzend Hühnerfreunde und Autoren haben sich zusammengetan, um dieses Buch entstehen zu lassen. Die Autoren sind querbeet: von 8 bis über 80 Jahre alte, von Hobby- bis Sachbuchautor und Vogelexperte. Von einer der Autorinnen, Katrina van Grouw, hat dieser Blog bereits zwei Bücher, erschienen in der Princeton University Press, ziemlich positiv besprochen. Ebenso bunt gemischt die Beiträge: wahre Geschichten, erfundene Märchen, ornithologische und historische Artikel, Gedichte. Die zum Teil exzellenten Illustrationen passen in diese Reihe. Allem merkt man an, dass es Spaß gemacht hat. Fast so bunt und abwechslungsreich wie die Vielfalt der Hühnerrassen. Gar nicht einfach, es in diesem Blog einer Kategorie zuzuordnen!

Sehr gut zum Lesen zwischendurch, ebenso zum Verschenken oder nur zum Durchblättern.

Mal schauen, ob es ein Bestseller in diesem Bücherherbst wird. Das wäre eine – durchaus verdiente – Überraschung.

Unnatural selection. Katrina van Grouw

Vor fast genau einem Jahr hatte ich das erste Buch von Katrina van Grouw in diesem Blog besprochen: „The unfeathered bird„. Ich hielt (und halte) das Buch für ein Muss für alle, die ornithologisch oder generell an Naturbüchern interessiert sind.

Das neue Buch von van Grouw, „Unnatural selection“, gerade vor wenigen Tagen bei Princeton University Press erschienen, ist noch besser. Viel besser. Wahrscheinlich ein Beleg für die Wirksamkeit von Evolution auch beim Verfassen und Illustrieren von Büchern.

„Unnatural selection“ beschäftigt sich aus evolutionärer Perspektive mit der Züchtung domestizierter Tiere, von Hühnern, Tauben, Hunden, Rindern, Schweinen und einigen anderen Tierarten. Die letzte umfangreiche Monographie zu diesem Thema erschien vor 150 Jahren und stammt aus der Feder von keinem anderen als Charles Darwin: „The variation of animals and plants under domestication„. Das Buch feiert also Darwin und ein Jubiläum.

Es ist erstaunlich, dass es so wenige Monographien zu diesem Thema gibt, denn bei domestizierten Tieren findet Evolution quasi im Zeitraffer statt, ist also ideal für die Forschung. Wenige Jahrzehnte reichen, um deutliche Veränderungen bei den Tieren feststellen zu können. Evolution quasi unter Laborbedingungen mit schnellen und gut interpretierbaren Ergebnissen. Dies macht van Grouw unter anderem an Hunderassen deutlich: Ein Bernhardiner des Jahres 1900 zum Beispiel hatte eine viel längere Schnauze und einen längeren Kopf als die heutigen. Man könnte sie fast für eine andere Hunderasse halten.

Van Grouws Herangehensweise ist reich an Perspektiven. Es gibt eine Art Einführung in die Grundbegriffe der Entwicklung der Arten. Sie bietet einen Überblick über wesentliche Meilensteine der Evolutionsforschung mit Fokus unter anderen auf Charles Darwin und Gregor Mendel. Sie beleuchtet der Reihe nach die wesentlichen Faktoren von Evolution, insbesondere Variation und Selektion. Und sie tut all dies anhand von vielen Beispielen unterschiedlicher Tierarten. Besonders hierbei: Viele der dargestellten Forschungsergebnisse stammen aus eigener Anschauung, da der Ehemann der Autorin (dem das Buch auch gewidmet ist) selber aktiv forscht.

Diese persönliche Note macht das Buch insgesamt sehr nahbar, zugänglich und unmittelbar. Man merkt, dass van Grouw von ihrem Thema begeistert ist. Und diese Leidenschaft teilt sich mit, springt auf den Leser über. Van Grouw schafft keine wissenschaftliche Distanz wie sonst üblich, sondern persönliche Nähe, ohne dass der wissenschaftliche Anspruch und das wissenschaftliche Niveau darunter auch nur im geringsten leiden, im Gegenteil. Wohltuend auch, dass van Grouw völlig uneitel, selbstkritisch und mit viel Witz schreibt. Man bekommt das Gefühl, bei der Forschung mit dabei zu sein und gespannt darauf zu warten, wie die Taube wohl aussieht, die als Nächste aus dem Ei schlüpft. Es macht Spaß, dieses Buch zu lesen.

Und dann sind da natürlich noch die Illustrationen. Alle (bestimmt 400!) gezeichnet von van Grouw. Alle von ausgezeichneter Qualität, naturwissenschaftlich exakt, ästhetisch schön. Van Grouw zählt zwischenzeitlich sicherlich zu den ganz Großen naturwissenschaftlichen Künstlern in einer Reihe mit Audubon, Bewick et al.

Damit habe ich aber noch nicht erklärt, warum dieses Buch viel besser ist als sein Vorgänger. „The unfeathered bird“ waren tolle Zeichnungen mit ausführlichem Begleittext. „Unnatural selection“ hat ausgezeichneten Text und fantastische Zeichnungen komplett auf Augenhöhe. Das findet man nur selten. Und (fast) nie auf so hohem Niveau. Und wenn man das findet, ist’s meistens ein Klassiker.

Voices in the Ocean. Susan Casey

Eine Reise in die fremde und verstörende Welt der Delfine ist dieses Buch der Journalistin Susan Casey.

Voices in the Ocean: A Journey into the Wild and Haunting World of Dolphins

Seit Douglas Adams´ „Per Anhalter durch die Galaxis“ wissen wir alle, dass Menschen nur die drittintelligenteste Spezies auf Erden sind. Die Mäuse als intelligenteste sind eine dreidimensionale Erscheinungsform hyperintelligenter Wesen, aber die Delfine sind die zweitintelligenteste Spezies, intelligenter als die Menschen und haben diese vor der Zerstörung der Erde noch zu warnen versucht. Ohne Erfolg.

Casey beschreibt in ihrem Buch, wie intelligent Delfine sind, wie sie in verschiedenen Kulturen den Status von Mittlern zu einer anderen Welt haben und wie Menschen diese hochintelligenten Tiere qualvolle Tode sterben lassen. Die Erzählweise besteht in Reiseberichten, die die Autorin rund um die Welt zu Orten führen, in denen die Delfine eine besondere Rolle spielen. Als jagdbares Wild oder als Wesen voller Weisheit: „No other creature on the planet is more like us than the dolphin. Dolphins are intelligent, sociable beings who can recognize their own reflections, count, feel despondent, rescue one another (and humans), deduce, infer, form groups, throw tantrums, gossip and scheme.“

Sind Delfine intelligenter als Menschen?

Delfine haben ein Gehirn, welches äußerst komplex ist, dabei jedoch anders aufgebaut ist als das menschliche. Das Gehirn von Delfinen ist auf extreme Schnelligkeit ausgelegt. Außerdem sind besonders diejenigen Gehirnregionen, in denen emotionales Empfinden und Sozialverhalten verankert sind, bei Delfinen anders und stärker ausgeprägt. Delfine, so die Vermutung, haben eine starke Gruppenidentität zusätzlich zu ihrer Fähigkeit, sich als Individuen zu erleben. Sie haben also – salopp gesprochen – ein Ich und eine Art Gruppenseele.

„If you were designing a high-performance computer, you would choose the dolphins´ schematic, hands down. “This is a brain that is built for speed (…) The rate at which they process information is astounding, Everything is faster. We can´t even imagine.” (…) A fabulous neocortex is a kind of killer app for brainy animals, enabling the refined thinking and behavior that characterizes us as humans (…). It´s where we get our abilities to make tools, use language, devise plans. “

Delfine als Mittler zu anderen Welten?

Seit der Antike gibt es Berichte, wie Delfine den Kontakt zu Menschen suchen. Immer wieder berichten Taucher und Küstenbewohner davon, dass sie Kontakt zu Delfinen als direkt, intensiv und persönlich erfahren haben. Susan Casey geht Berichten in verschiedenen Kulturen und Teilen der Welt nach auf der Suche danach, was Menschen immer wieder an Delfinen fasziniert hat bis zur Zuschreibung magischer Fähigkeiten und – warum die Faszination wohl gegenseitig ist. Dies liest sich sehr interessant und unterhaltsam.

Töten, was den Menschen so ähnlich ist?

Delfine haben es nicht leicht, in einer von Menschen geprägten Welt zu überleben: Sie werden gejagt, gegessen oder in Ozean-Vergnügungsparks gesperrt, sie verlieren Lebensraum, werden durch Pestizide im Meerwasser vergiftet… Casey beschreibt in ihrem Buch auch all die grauenhaften Dinge, die Menschen weltweit Delfinen und deren Verwandten antun.  Diese Teile sind teilweise verstörend zu lesen.

Fazit: ein interessantes, gut lesbares Buch, welches ein ganz besonderes Schlaglicht auf dasjenige richtet, was Menschen mit nicht-menschlichen Lebewesen eint.

Mehr zur Autorin und ihren Büchern hier.

Other Minds – The Octopus and the Evolution of Intelligent Life. Peter Godfrey-Smith

Würden Sie gerne einen intelligenten Alien treffen? Auch wenn Sie nicht tauchen, hier bietet sich die Möglichkeit!

Intelligente Aliens

Tintenfische klettern aus einem Aquarium heraus und flüchten. Sie klettern in ein anderes Aquarium, wenn dort etwas Leckeres zu haben ist. Sie finden heraus, wie der Wasserabfluss zu verstopfen und das Labor zu überschwemmen ist… Tintenfische sind sehr intelligent. Sie verfügen über ein hochentwickeltes Nervensystem mit ungewöhnlich vielen Nervenzellen, ein scharfsehendes Auge. Aber, sie haben keine Knochen, kaum etwas Festes in ihrem Körper, so dass sie beinahe jede Form annehmen können; ihr Gehirn und ihre Arme teilen sich Wahrnehmungen und Entscheidungen. Ja, ihre Arme treffen einen Teil der Entscheidungen allein: „What if intelligent life on earth evolved not once, but twice? The octopus is the closest we will come to meeting an intelligent Alien.“

  • Bildergebnis für Oher Minds - The Octopus and the Evolution of Intelligent Life. Peter Godfrey-Smith

    Inhalt von „Other Minds“

600 Millionen Jahre liegt der letzte gemeinsame Vorfahre von Menschen und Tintenfischen in der Vergangenheit. Tintenfische gehören zu den Mollusken. Und dennoch sind sie anders. „Other Minds“ thematisiert Evolutionsgeschichte und Neurologie, Psychologie und Intelligenz-Forschung. Das Buch geht dabei den Fragen nach:

  • But what kind of intelligence do cephalopods possess?
  • How did the octopus, a solitary creature with little social life, become so smart?
  • What does self-awareness mean?
  • Do they express themselfes by colour?
  • Why do they die after only 2-4 years?

Der Autor: Professor für Philosophie

Peter Godfrey-Smith berichtet über seine Leidenschaft zu Tintenfischen sehr persönlich. Er beschreibt seine Faszination, seine Erfahrungen mit diesen Wesen und wirft dabei immer wieder grundsätzliche Fragen in sehr verständlicher Weise auf. Vielleicht kein Wunder, wenn man Professor für Philosophie in New York und Professor für Geschichte und Philosophie in Sydney ist. Sowie ein passionierter Taucher.

Filme über Tintenfische

Zwei Filme bieten wunderbares Filmmaterial über Tintenfische und Kraken:

Der eine, „The Octopus Show“ von National Geographic, ist trotz seiner tollen Bilder unerträglich, da er zum einen die große Intelligenz von Oktopoden nicht einmal thematisiert, zum anderen den amerikanischen Mann in seiner Form als Entdecker und Beherrscher der Welt in den Mittelpunkt stellt.

Der andere Film ist „The Octopus´s Garden – The private World of the Chameleon of the Sea“ von Animal Nation. Ruhig, interessantes Filmmaterial und viel Information. Aufhänger ist die Geschichte eines weiblichen Tintenfisches, dessen Leben von Anfang bis Ende erzählt wird.

Und sie fliegt doch. Dave Goulson

Diese „Kurze Geschichte der Hummel“ ist ein Buch voller Geschichten, Anekdoten, Naturbeobachtungen und wissenschaftlichem Wissen über die Hummel.

Das Wichtigste: es ist ein unterhaltsames, sehr gut lesbares Buch, ganz in der Tradition bester britischer Sachbücher.

Das Zweitwichtigste: Jede Leserin und jeder Leser sollte sofort den eigenen Garten durch Hummel-freundliche Pflanzen bereichern, um auf diese Weise den Hummeln Nahrung zu bieten und ihr Aussterben zu verhindern.

Das Aussterben der Hummeln

Seit dem Ende des 2. Weltkriegs sind viele Hummelarten auf der Welt seltener geworden oder verschwunden. Das ist unglücklich, da Hummeln zusammen mit Schmetterlingen viele unserer Nutzpflanzen bestäuben. Da jedoch die Wildblumen-Wiesen in Europa immer weniger geworden sind, fehlt den Hummeln die Nahrung. Hummeln brauchen mehrere Tausend Blüten pro Tag während des Hummel-Sommers. Ihre Hauptnahrungsquelle sind Wildblumen, die auf Magerwiesen spezialisiert sind. Keine Magerwiesen, keine Wildblumen, keine Hummeln, keine Bestäubung.

Inhalte von „Und sie fliegt doch“

Das Buch von Dave Goulson erzählt von der Evolution und der Lebensweise von Hummeln, ihrer Genetik und Fortpflanzung, Krankheiten und Parasiten und beschreibt das Hummeljahr. Eingestreute Berichte von seinen Forschungsprojekten verdeutlichen, wie wenig wir über die Hummel wissen. Auf jeder der 311 Seiten des Buchs wird die ungeheure Faszination deutlich, die Goulson von Kind an für Hummeln verspürt hat. Besprechung durch „Spektrum“ hier.

Heute hat sich – so der Autor – weltweit die kommerzielle Besteubung von Nutzpflanzen in großem Stil durch gezüchtete Hummelvölker durchgesetzt: „Wenn Sie das nächste Mal Heinz Tomatenketchup auf Ihre Portion Pommes spritzen, denken Sie einmal über das Wesen der modernen Welt nach. Ihr Ketchup wurde höchstwahrscheinlich in den Niederlanden hergestellt und zwar aus spanischen Tomaten; die Bestäubung fand durch türkische Hummeln statt, die ihrerseits in einem Betrieb in der Slovakei gezüchtet wurden. (…) Denken Sie vielleicht auch einmal daran, dass jede von Ihnen verzehrte Gurke, Aubergine, Stangenbohne, schwarze Johannisbeere und Paprika von einer Hummel bestäubt wurde.“

Pflanzen für Hummeln

Die Blüten von Weißdorn, Brombeeren und Raps locken die kleinsten Hummelarten an; die Blüten von Skabiosen-Flockenblumen und Ackerbohnen die größten. Weiß- und Rotklee, Natternkopf, Lavendel, Beinwell, Stockrose und Lupine finden Hummeln generell attraktiv. Nach der Winterruhe sind Salweiden für Hummeln eine wichtige Nahrungsquelle. Wer viel Platz hat, kann und sollte eine Wildblumenwiese anlegen, die nur einmal im Jahr gemäht und nicht gedüngt wird. Bei Kräuterallerlei und im NRD-Ratgeber finden sich Informationen zu Pflanzen, die Hummeln lieben.

Außerdem wurde durch Goulson ein Verein ins Leben gerufen, der es sich zur Aufgabe macht, Großbritannien zu einem Hummel-freundlicheren Land zu machen; der Bumblebee Conservation Trust, BBCT.

The most perfect thing: inside (and outside) a bird’s egg. Tim Birkhead

Was für ein faszinierendes Buch über etwas so Alltägliches wie das Vogel-Ei!

Birkhead hatte bei mir als Autor ohnehin bereits ein sehr gutes Image, unter Anderem wegen seines Buchs über die Sinneswahrnehmungen der Vögel.

In seinem 2016 erschienenen Buch über Eier bestätigt er dies. Wiederum eine sehr gelungene Kombination aus Erfahrungsberichten (eigene und die anderer mit Vögeln Beschäftigter), Wissenschaftsgeschichte, Anekdoten, Ei-Anatomie. Gekonnt verwoben mit den beiden roten Fäden vom Äußeren ins Innere des Eis, vom Entstehen des Eis bis zum Schlüpfen des Kükens.

Man erfährt und lernt erstaunlich viel: Wie, wann und wo die Farbe aufs Ei kommt – wofür die Farbe überhaupt gut ist – wie die Eier vor mikrobiellem Befall geschützt werden – warum es so unterschiedliche Formen von Eiern gibt – wie es gelingt, Eier zur Entwicklung zu bringen bei -50° C (Antarktis!) bis +50° C (Wüste!) – woher die Vögel den Kalk für die Eierschale bekommen – wie Küken im Ei atmen – wie sie mit Wasser versorgt werden – warum die Eier eines Geleges etwa zur selben Zeit schlüpfen, obwohl sie über mehrere Tage gelegt werden undundund.
Birkhead schreibt:
„The developing embryo is protected from the outside world by the egg’s hard chalky shell, but the shell also creates a connection with that world. How do you make a structure that keeps microbial aliens out, but at the same time allows the embryo inside to breathe; a shell that is strong enough to withstand the full weight of an incubating parent but weak enough to allow the chick to eventually break free? Evolution has done a fine job of devising ‚a self-contained life support system‘ – what is essentially an external placenta and premature baby unit.“

Tatsächlich und uneingeschränkt eine ganz dicke Empfehlung für ein überzeugendes, spannendes, informatives und überaus lesbares Buch.

The unfeathered bird. Katrina van Grouw

Für Freunde (und Freundinnen) von zoologischen Zeichnungen und Stichen insbesondere ist dieses Buch über Vögel ein Muss: „The Unfeathered Bird“ von Katrina van Grouw.

Van Grouw ist eine Künstlerin mit erheblichen ornithologischen Kenntnissen, die ihr auch eine Stelle als Kuratorin am britischen Natural History Museum eingebracht haben. Dieses Buch war ihr über lange Zeit ein Anliegen:
„This book was begun twenty-five years ago. Broken down, that roughly constitutes: five years of innocent research, little expecting what it would lead to; one moment of inspiration; fifteen years hoping to convince someone else that it was a good idea; and several more years of very hard labor.“ Das Warten und Arbeiten hat sich gelohnt: Immerhin erreichte sie einen Platz auf dem Treppchen unter den Best Bird Books of the Year 2013.

Meine Empfehlung basiert vor allem auf den vielen (um die 300!) wirklich ausgezeichneten Illustrationen, die nicht nur ästhetisch sehr gelungen sind, sondern auch ein deutlich vertieftes Verständnis der Anatomie (Skelett und Muskeln) von Vögeln vermitteln.

Ergänzt wird sie durch die Qualitäten des Texts. Er ist insgesamt flott und auch witzig geschrieben, gut verständlich (abgesehen von der einen oder anderen anatomisch anspruchsvolleren Partie, in der mein englisches Fachvokabular an seine Grenzen stößt), erläutert gut die Abbildungen und bietet interessantes Anekdotisches zu den dargestellten Vögeln. Die gelegentlichen inhaltlichen Wiederholungen sind leicht zu verschmerzen, auch wenn sie ein aufmerksameres Lektorat hätte vermeiden können (müssen).

Die Struktur des Buchs ist zunächst generisch mit Erläuterungen zur Anatomie der Vögel im Allgemeinen, danach spezifisch mit Kapiteln zu einzelnen Gattungen der Vögel.

Mit meiner Empfehlung stehe ich nicht allein, so der Scientific American:  „I only have good things to say about it, and so do all the other people whose opinions I take notice of. There are already a huge number of highly positive reviews of this book out there in the blogosphere and elsewhere; if you’re interested in bird anatomy, or are aware of the book already, you’ll likely have seen or read some or many of them.“

Bird sense: What it’s like to be a bird. Tim Birkhead

Dieses Buch habe ich gerade das zweite Mal gelesen. Wärmstens zu empfehlen. Wer auch nur ansatzweise etwas für Vögel übrig hat und obendrein liest, hat mit „Bird sense“ eine Reihe erfreulicher Stunden vor sich.

Tim Birkhead steht in der Kolonie der Ornithologen auf einem der oberen Felsvorsprünge, hinter sich eine ganze Reihe von Bestsellern: Eine der besten Enzyklopädien zu Vögeln („Cambridge encyclopedia of ornithology“), eine Geschichte der Ornithologie („The wisdom of birds“), ein weiteres über das Ei („The most perfect thing“). Die Rezensionen sind ausgezeichnet, zum Beispiel im Guardian. Preise gibt es auch, zum Beispiel der „Best Bird Book of Year“-Award, der „Science Book Price“ und viele mehr.

Wie ich finde voll und ganz zurecht.

Birkhead ist ein begeisterter Ornithologe und lässt diesen Funken überspringen. Er schreibt überaus zugänglich und verzichtet wenn möglich auf obskure Fachbegriffe. Er vermittelt viele faszinierende Informationen, ohne dass man sich überladen fühlt, sondern im Gegenteil angeregt und begeistert. Er kombiniert Berichte über eigene Erfahrungen mit ornithologischer Geschichte, mit Anekdoten, mit anatomischen Beschreibungen, mit amüsanten Einsichten, mit Versuchsanordnungen, mit…. Er beschreibt komplizierte, auch technische Zusammenhänge, so, dass man sie als Laie begreift. Und immer so, dass man Lust hat, immer weiter zu lesen

Und was man nicht alles erfährt. Einige Beispiele, die der Guardian nennt:

  • „Nightingales in Berlin have to up their vocal performance by 14 decibels to be heard over the traffic; great tits in the city keep down the volume but change the pitch or the frequency to get the message across. The oilbird of Ecuador sleeps with its eyes closed but then it could even fly with its eyes closed: like a bat, it uses echolocation to work out where it is in total darkness.“
  • „The ears of the great grey owl are asymmetrical – higher on one side than the other – the better to pinpoint prey on the vertical as well as the horizontal axis. That is why it can swoop on a mouse under the snow. All listeners can localise a source of sound by unconsciously measuring the difference in time as the waves arrive at each separate ear: for small birds, this would dwindle to less than a millionth of a second so little birds move their heads from side to side to increase the range.“

Oder Vögel, die non-stop 11.000 Kilometer in 8 Tagen fliegen (also 60 km/h durchgehend für fast 200 Stunden!), die aus Hunderten Metern ihren Partner unter vielen komplett gleich aussehenden anderen Vögeln erkennen, die….

Eine der besten Nachrichten für deutsche Leser: Dieses Buch gibt es auch auf Deutsch, „Die Sinne der Vögel oder Wie es ist, ein Vogel zu sein“.

Demenz bei Hunden: Remember Me? Eileen Anderson

„Remember me? – Loving and Caring for a Dog with Canine Cognitive Dysfunction“ von Eileen Anderson gibt Hilfestellung beim Umgang mit einem älter gewordenen Hund, der langsam sein Gedächtnis verliert.

Remember Me?: Loving and Caring for a Dog with Canine Cognitive Dysfunction by [Anderson, Eileen]

Die Autorin nutzt die persönliche Erfahrung mit ihrer Hündin Cricket, um zu erklären, welche Symptome Gedächtnisverlust und Demenz bei Hunden mit sich bringt und auf welche Weise mit ihnen ganz praktisch im Alltag umgegangen werden kann.

Typische Symptome von Demenz bei Hunden

  • Hunde sind weniger stubenrein
  • Hunde haben Schwierigkeiten, neue Dinge zu lernen
  • Hunde suchen seltener die Aufmerksamkeit oder wirken zurückgezogen
  • Hunde reagieren verängstigt, scheu oder meiden ihnen bekannte Menschen
  • Hunde schlafen öfter bei Tag und weniger oft in der Nacht
  • Hunde wirken verwirrt oder verloren
  • Hunde haben Schwierigkeiten, aus engen Ecken herauszufinden
  • Hunde vergessen bekannte Routinen oder beginnen diese und stoppen auf halbem Weg
  • Hunde verlieren sich auf bekannten Wegen
  • Sie bellen ohne Grund und für längere Zeiträume
  • Sie zittern ohne äußeren Grund
  • Sie fallen von Erhebungen herunter
  • Sie haben Schwierigkeiten ihre Näpfe zu finden, das Futter in das Maul hinein zu befördern  und das Futter im Maul zu behalten
  • Sie haben Schwierigkeiten, in ihr Körbchen hineinzukommen.

Leseprobe: „Is your dog starting to get stuck in corners, stare at walls, or act a little distant? Is he pacing in circles, barking for no apparent reason, or forgetting his housetraining? These or other behavioral changes may indicate that he is developing canine cognitive dysfunction, a disease akin to Alzheimer’s.“

Themenbereiche des Buchs

Das Buch ist in diese Kapitel eingeteilt:

  • Loving a Dog with Dementia: Cricket’s Story
  • Does your Dog Have Dementia?
  • Is There a Treatment?
  • How to Help Your Dog: Setting Up Spaces, Routines and Enrichment
  • How to Help Your Dog: Specific Challenges
  • Supplies
  • How to Help Yourself
  • Quality-of-Life Considerations
  • Is the End Near?

„Remember me“ ist ein sehr gut lesbarer, kenntnisreicher Ratgeber für Hunde-Besitzer. Die Erzählweise ist sachlich, auch wenn Themen bearbeitet werden, die anrührend und traurig sind. Hilfreich sind auch die vielen Fotos von Cricket, die die gemeinten Situationen exakt zeigen. Immer dort, wo die Autorin kein Foto ihres eigenen Hundes nutzen kann, stellt sie die spezifische Situation mit einem Plüsch-Hund nach.