The unexpected Professor: An Oxford life in books. John Carey

The unexpected professor war ein unerwartetes Vergnügen. Die Autobiographie von John Carey (* 1934), emeritierter Englisch-Professor und Fellow des Merton College, ist in vielerlei Hinsicht ein klassisches Beispiel der Kategorie „Autobiographie eines Oxford-Professors“, aus anderem Blickwinkel betrachtet jedoch fällt sie vollständig aus dem Rahmen.

Wie die meisten Autobiographien beginnt The unexpected professor mit Geburt und Kindheit und arbeitet sich chronologisch voran. Nur Ereignisse, Dinge, Menschen mit Relevanz für die Person des Autoren werden erwähnt. Alle Wertungen, Schwerpunkte, Auslassungen sind subjektiv seine eigenen. Auch die typischen Charakteristika einer Oxford-Professoren-Geschichte sind vorhanden: Understatement und Ironie, eindrucksvolle College-Architektur, viel Portwein, seltsame Gebräuche, exzentrische Kollegen.

Anders ist diese Autobiographie jedoch, da sie eine ungewöhnliche Beziehung in den Mittelpunkt stellt: „something more personal – a history of English literature and me, how we met, how we got on, what came of it“. Das Wort Liebesbeziehung hierfür zu verwenden, ist wahrscheinlich nicht verkehrt.

Normale biographische Details und Anekdoten werden verwendet, da sie begründen, warum Carey wann was gelesen hat und warum er Literatur so interpretiert, wie er sie interpretiert: Auch strukturieren sie seine Lese-Erfahrungen und ergeben die Kapitelfolge: „Grammar School“, „Playing at Soldiers“, „Undergraduate“…. Nicht zuletzt bringt das Biographische dem Leser auch den Menschen John Carey näher, vermittelt seine Austerität, seinen Humor, seine Komplexe, seine Liebenswürdigkeit:
„At about the same time Gill, very courageously, agreed to marry me, and share my worldly goods, which still amounted, in effect, to the Bakelite radio and the electric coffee pot. So quite early in the morning on Ascension Day, 7 May 1959, I bought a bottle of champagne from Christ Church buttery, and (we) drank to one another’s futures beside the round pond in the middle of Tom Quad, while the goldfish gleamed and the waterlilies spread their petals and Mercury, with jets of water dancing round him, stood on one leg on his plinth and pointed to the sky. It was a most un-Carey-like episode. Champagne! In the morning!“

Damit ist dieses Buch eine ganz seltsame, eigenartig faszinierende, für mich sehr einnehmende Mischung aus Lebenserfahrungen und sehr persönlicher Einführung in die englische Literatur, aus Tutorium und Beziehungsgeschichte, aus Großartigem und Bescheidenheit.

Besonders anregend ist, was Carey über einzelne Texte und Autoren (leider fast ausschließlich Männer…) sagt. So erfährt man seine – nicht nur positiven – Gedanken zu John Milton und Samuel Beckett, zu John Donne und George Orwell, zu D.H. Lawrence und Joseph Conrad. Nachvollziehbar werden seine Überlegungen durch viele exzellent gewählte, auch lange Zitate.
Mir selbst war Milton zum Beispiel bisher eher fremd, und ich fand ihn abweisend. Nicht gewusst hatte ich dabei, dass „it has been estimated that, under the Presbyterian Blasphemy Ordinance of 1648, (… he would have been) liable to five death sentences and eight terms of life imprisonment.“ Jetzt bin ich neugierig auf ihn.

Erfrischend auch seine offenen Worte zu der einen oder anderen ungenießbaren wissenschaftlichen Publikation: „A new custom (…) was for authors to preface their terrible tomes with pages of effusive thanks to all those – teachers, academic colleagues, friends, parents, partners, children, childminders, and as like as not the family dog – without whom the volume would never have come into being. I cursed them all fervently in my heart.“

Und dann ist da noch das Schlußkapitel „So, in the End, Why Read?“. Seine Gründe:

  • „… reading opens your mind to alternative ways of thinking and feeling. (…)
  • Book-burners try to destroy ideas that differ from their own. Reading does the opposite. It encourages doubt. (…)
  • Reading distrusts certainty. (…)
  • Reading punctures pomp. (…)
  • Reading is contemptuous of luxury. (…)
  • Reading makes you see that ordinary things are not ordinary. (…)
  • Reading is vast, like the sea, but you can dip into it anywhere and be refreshed.
  • Reading takes you into other minds and makes them part of your own.
  • Reading releases you from the limits of yourself.
  • Reading is freedom.“

Alexander der Große: Sohn der Götter. Alan Fildes und Joann Fletcher

Offensichtlich ein Buch, das man lesen sollte in den heutigen Zeiten, denn Alexander der Große war immer ein Vorbild für Regenten mit großem Anspruch, egal ob sie Cäsar, Napoleon oder anders hießen und heißen. Einen Aspekt wollten sie jedoch nie kopieren: Alexander starb im Alter von nur 32 Jahren.

Die Geschichte Alexanders des Großen ist schnell erzählt. Geburt als Sohn des Makedonenkönigs Philipp II, der schon damit begonnen hatte, aus dem völlig unbedeutenden Makedonien eine Militärmacht zu machen – Erziehung unter anderem durch Aristoteles – durch militärische Eroberung Aufbau des damals größten Weltreichs aller Zeiten (Griechenland, der gesamte nahe und mittlere Osten, Teile Indiens und Afghanistans, Ägypten, Libyen….), erste Rebellionen auch von seinen Freunden und Vertrauten, Tod im Jahr 323 vor unserer Zeitrechnung, Beerdigung in Alexandria. Mit ihm endete eine Epoche. Er begründete mit dem Hellenismus eine neue: kosmopolitisch, griechisch-geprägt, in seinem gesamten Herrschaftsgebiet. Danach übernahmen die Römer.

Die für den Erfolg wichtige mythische Überhöhung gibt es auch: Philipp II. war gar nicht sein Vater, sondern Zeus selbst; seine Mutter war eine Nachfahrin Achills; die Götter waren für ihn, wie die Orakel bestätigten; die Ägypter verehrten ihn sogar als Gott; er selbst fand das wohl recht angemessen und nachvollziehbar.

Und die Machtgeschichte obendrein. Sie ist so, wie solche Machtgeschichten meistens sind. Loyal gegenüber seinen Freunden und gegenüber Gegnern, die sich eines Besseren besannen – erbarmungslos gegenüber illoyalen Freunden und allen anderen, die sich ihm in den Weg stellten – bereit, große Opfer bei Soldaten und Zivilbevölkerung in Kauf zu nehmen.

Immerhin scheint er auch belesen, gebildet, intelligent und intellektuell neugierig gewesen zu sein. Und er hatte nie den Anspruch, eroberten anderen Kulturen seine eigene aufzuzwingen, im Gegenteil, er übernahm auch Sitten von ihnen. Das wiederum machte ihn bei seinen eigenen Makedonen etwas unbeliebt.

Faszinierend ist die Biographie Alexanders des Großen allemal. Er war noch blutjung, als er mit seinen Eroberungen begann. Er besiegte Weltreiche und Hochkulturen. Er kam in ferne, unbekannte Länder, die noch nicht einmal die Götter vorher erreicht hatten. Plus eine ordentliche Portion Sex and Crime.

Das Buch von Fildes und Fletcher ist bunt und ordentlich. Die Biographie wird in Kapiteln abgepackt, die jeweils auf zwei oder drei Seiten passen. Es gibt viele farbige Illustrationen. Die Sätze sind kurz und verständlich. Die Herangehensweise ist deskriptiv. Die Person Alexanders wird dabei als Held und Identifikationsfigur dargestellt (so wie das auch Karl May gemacht hätte), problematisiert und in einen größeren Kontext eingeordnet wird sie nicht. Eigentlich erzählen die beiden nur die antiken Quellen nach. Und eigentlich ist das zu wenig: Alexander selbst war da intellektueller.

The Mighty Dead – Why Homer Matters. Adam Nicolson

Ein Buch über Homer und über Gewalt und über Zivilisation. Ungeheuer faszinierend und ebenso schrecklich in seiner kompromisslosen Benennung der Gewaltdarstellungen in Homer als brutale Gewalt.

„The Mighty Dead“ ist unkompliziert zugänglich; sein Autor nutzt Stilmerkmale aus Reisebericht, historischer Forschung und formuliert außerdem einen leidenschaftlichen Appell an die Macht der Poesie.

Das Buch verfolgt zwei unterschiedliche inhaltliche Ziele:

  1. Wie kam es zu den Texten, die wir heute als „Ilias“ und als „Odyssee“ kennen?
  2. Wovon handeln diese Texte? Was sagen sie uns?

Wie sind die Texte der „Ilias“ und der „Odyssee“ entstanden?

Adam Nicolson, Enkel von Vita Sackville-West, beschreibt in seinem Buch, wie europäische Heldenlieder aus unterschiedlichsten regionalen Gebieten für Jahrhunderte mündlich überliefert wurden. Die Sänger, die diese Lieder sangen, waren alle seiner Auffassung nach ein Teil dessen, was wir heute „Homer“ nennen. Die ältesten Teile gehen dabei vermutlich auf die Zeit von 1800 v. Chr. zurück.

Ca. 280 v.Chr. wurden in der Bibliothek von Alexandria Texte erstellt, die sich aus den unterschiedlichen, damals überlieferten Quellen – mündliche Überlieferungen und Papyri – speisten. Schon diese Texte von „Ilias“ und „Odyssee“ weisen Glättungen, Vereinheitlichungen, stilistische Veränderungen auf, so wie sie in der Übersetzungsgeschichte beider antiker Texte immer wieder vorkommen sollten: „Homer“ sollte einfach nicht „primitiv“ sein. Nicolson belegt diese These gut anhand linguistischer Details und durch die Übersetzungsgeschichte.

Vorspeisenplatte: Von wegen dem Homer seiner <i>Ilias</i>

„He (Homer) sang of the past (…): as the violence and sense of strangeness of about 1800 BC recollected in the tranquillity of about 1300 BC, preserved through the Greek Dark Ages, and written down (if not in a final form) in about 700 BC. Homer reeks of long use.“

Wovon handeln „Ilias“ und „Odyssee“?

Funktion der Helden-Gesänge war es, den individuellen Ruhm vor der Vergänglichkeit zu retten. Die Heldentat, der heldenhafte Tod haben nur einen Sinn, wenn sie die Zeit überdauern, wenn sich jemand an sie erinnert. Das immer wieder gesungene, von Generation zu Generation tradierte Lied selbst ist deshalb, laut Nicolson, der Garant für den Ruhm der homerischen Helden. Hierbei reichen Inhalte „Homers“ weit zurück bis in die Bronzezeit: „In his Greek heroes, Homer gives voice to that northern warrior world. Homer is the only place you can hear the Bronze Age warriors of northern grasslands speak and dream and weep. The rest of Bronze Age Europe is silent. Echoes of what was said and sung in Ireland or in German forests can be recovered from tales and poems collected by modern ethnographers, but only in Homer is the connection direct.“

Homerische Gesänge haben den Konflikt „Stadt“ gegen „Gang“ zum Thema, Zivilisation gegen Barbaren. Sie beschreiben den Konflikt zwischen einer städtischen, durch Handel geprägten Zivilisation rund um das Mittelmeer mit einer von Norden kommenden Gruppe von Menschen, die  teil-nomadisch lebte und die kriegerische Auseinandersetzung im Zentrum ihres Lebens sah.

Sehr überzeugend finde ich den Vergleich zu modernen Gang-Werten, den Nicolson zieht. Dieser erinnert mich an die Formulierung Christa Wolffs „Achill, das Vieh“ (Kassandra): Für die „Gang“ zählen Ehre, körperliche Überlegenheit, Tötung des Opponenten als identitätsstiftende Attribute.

Was sagt uns heute noch Homer? Für Nicolson sind die homerischen Gesänge Texte, in denen die Brutalität des Lebens anerkannt wird. Die aber dennoch weiser sind als die in ihnen grausam handelnden Figuren und deshalb Menschlichkeit und Mitleid hochhalten. Inmitten des gegenseitigen Abschlachtens von Griechen und Troern gibt es einen Augenblick gegenseitiger Anerkennung. Priamos, der alte König von Troja, geht zu Achill, der seinen Sohn getötet hat, und bittet ihn um dessen Leichnam. Er erhält ihn. Beide Figuren teilen einen Augenblick gegenseitigen Respekts:
„Priam has brought the virtues of the city into Achilles´s heart. (…) Achilles, the man from the plains, has absorbed the beauty of Priam´s wisdom (…) Achilles will soon be dead, Troy will soon be broken, the Trojan men will soon be slaughtered, Priam among them, horribly murderd by Achilles´s own son, their women abused and enslaved, but here, in poetry, in passing, a better world is momentarily – or in fact everlastingly – seen.“

Vintage Handbags. Marnie Fogg

Diese Geschichte der Handtasche beantwortet die Fragen: Warum tragen Frauen Handtaschen? Und warum sind Handtaschen aus der modernen Modewelt nicht wegzudenken?

Das Buch erzählt von der Entstehung der modernen Handtasche durch die Handwerkskunst von Sattlern wie Hermès und Gucci sowie Herstellern von Reisegepäck wie Prada und Louis Vuitton.

Es berichtet, dass die Handtaschen größer wurden als Frauen längere Zeiten aus dem Haus gingen: wer länger unterwegs ist, braucht eine umfangreichere Ausrüstung für den Tag. Die Handtasche wurde zum „Survival kit“, zum tragbaren Boudoir und mobilen Büro.
Es berichtet aus den Zeiten der beiden Weltkriege, in denen Frauentaschen Tornister-ähnlich wurden und quer über dem Oberkörper getragen werden konnten, damit die Hände freiblieben.
Es erzählt aber auch davon, wie in den 1920er Jahren winzige Abendtaschen entstanden, die sich während des Tanzens in der Hand halten ließen.
Und es erzählt wie die Handtasche von der Investition fürs Leben zu einem eigenständigen modischen Stilmittel wurde. Aus diesem sich dann die „It“-Bag der 1990er entwickeln konnte.

Die Einführung bringt auf den Punkt, warum Handtaschen aus vergangenen Zeiten heute noch interessant sind: „Handbags are a vital accessory to every woman´s life, but their practical purpose is secondary to what they say about the wearer´s sense of style. (…) the vintage bag represents the wearer´s personality, not her bank balance. When cutting-edge fashion becomes available to all, and the time span between the designer handbag and the high street version in the shop becomes so compressed, the uniqueness and rarity of a vintage handbag makes it a desirable commodity.“

Das Buch von Marnie Fogg ist in seinem Mittelteil chronologisch nach Jahrzehnten von 1900 bis 1990 aufgebaut. Hier erhält man eine Mini-Zusammenfassung der Zeitgeschichte und der Modegeschichte. Auf dieser Basis entwickelt die Autorin die wichtigsten Handtaschen-Trends des jeweiligen Jahrzehnts, stellt Handtaschen-Modelle und Designer von.
Ein gutes Beispiel ist die Mode-Fotografie, die auch auf dem Buch-Einband verwendet wird: Optimismus und Aufbruchsgefühl finden nicht nur Ausdruck im leuchtend rot- und orangefarbenen Kleid, den roten Schuhen und der roten Handtasche. Sie finden sich ebenfalls im gewählten Hintergrund einer im Rohbau befindlichen Neubausiedlung.

In einer vorangestellten Übersicht erklärt das Buch, wie es überhaupt dazu kam, dass Frauen Handtaschen zu tragen begannen. Ein letzter Teil am Ende des Buchs stellt die wichtigsten modernen Designer von Handtaschen zusammen. Dieser Teil wirkt allerdings, als ob eine große Portion Marketing-Material von der Autorin unmittelbar von den Designern übernommen wurde.

Das Buch ist ein gut lesbarer Schmöker, reich bebildert und stellt dabei die wesentlichen Entwicklungen klar dar. Für Mode- und Handtaschen-Liebhaberinnen ein Genuß.

Mehr zu schönen Mode-Büchern in unserer Zusammenstellung Beste  Bücher zur Mode.

Durch Mauern gehen. Marina Abramovic

Wer bisher nicht zu den begeisterten Anhängern der  Performance-Kunst gehört, sollte dieses Buch unbedingt lesen. Danach wird das Verständnis größer sein, sich vielleicht Faszination vermittelt haben und vielleicht Bedauern entstanden sein, Abramovic nicht in einer ihrer Performances gesehen zu haben.

 

„Durch Mauern gehen“ ist die Autobiografie der Künstlerin Marina Abramovic. Welch eine erstaunlich beeindruckende Frau! Mich überzeugt die Konsequenz der Künstlerin, Kunstwerke zu entwickeln, die die Menschen unmittelbar emotional erreichen. Packen. Erkenntnisse vermitteln, die das Selbst verändern. Eine Kunst zu entwickeln, die nicht über den Kopf, nicht über Rationalität, sondern statt dessen über unmittelbares Erleben funktioniert.

Und hierbei schont sich die Künstlerin nicht

In ihren Performances fließt ihr eigenes Blut, hungert sie, sitzt für Stunden bewegungslos, liegt auf Eis, wäscht blutige Knochen, lässt sie sich durch ihr Publikum mit 72 Gegenständen beschädigen. Einen kleinen Eindruck bietet dieser Film-Clip.

Besonders beeindruckt haben mich diese Arbeiten

Die Serie „8 Lessons on Emptiness with a Happy End“ von 2008:

Marina Abramovic

Die Performance „Balkan Baroque“ von 1997, die die Gewalt auf dem Boden des ehemaligen Jougoslawiens nach Titos Tod thematisert:

Verwandtes Bildergebnis

 

Die Performance „The Artist Is Present“ von 2010: Hier haben sich über 1500 Menschen gegenüber Abramovic in einem New Yorker Museum hingesetzt. Einige nur für Minuten, andere für Stunden. Hierzu aus „Durch Mauern gehen“: „Sehr schnell spürte ich, dass die Leute, sobald sie mir gegenüber Platz genommen hatten, unglaublich bewegt waren. Einigen kamen die  Tränen – und mir ebenfalls. War ich ein Spiegel? Es fühlte sich an, als wäre ich mehr als das. Ich konnte den Schmerz der Menschen sehen und spüren. Ich glaube, die Leute wurden überrascht von dem Schmerz, der in ihnen hochkam. (…) Sie hatten stundenlang darauf gewartet, um mir gegenüber sitzen zu dürfen. Und dann saßen sie auf einmal vor mir. Wurden vom Publikum beobachtet. Wurden gefilmt und fotografiert. Wurden von mir beobachtet. Sie konnten nirgendwohin außer in ihr Inneres. Und genau darum ging es.“

Sehr wohltuend ihr eigener Kommentar über die später siebziger Jahre, in denen Performance-Kunst derart „in“ gewesen war, dass jemand nur auf den Boden spucken und es Performance nennen brauchte…

Vielleicht den besten Eindruck geben die Videos der ins Absurde überzeichneten Tragödie von Bob Wilson „The Life and Death of Marina Abramovic“. Natürlich mit Marina Abramovic. Zwischen zwei Beerdigungen thematisiert das Stück Schmerzen und selbstzugefügte Verletzungen der Titelheldin. Besonders berührend sind die Songs „Why must you hurt yourself“ und „When will I turn to cut the world“.

Zum Hintergrund gibt es unter der Überschrift „Vom Brüllen zum Schweigen“ einen guten Artikel in der Zeit von 2014.

Gelesen habe ich die deutsche Übersetzung der amerikanischen Original-Ausgabe. Die Sprache wirkte auf mich wie umgangssprachlich diktierter Text, der dann in der Übersetzung noch flacher wurde. Anfangs hat mich dies gestört. Während des Lesens ist dies immer unwichtiger geworden, weil mich die Künstlerin mit der Beschreibung ihrer Kunst in den Bann gezogen hat.

Idole und ihre Mörder. Connie Palmen

100 Seiten zu den Ursachen moderner Morde. Ein knappes, kluges Buch. Es liest sich, als sei es ein Kommentar auf aktuelle Ereignisse in Syrien, in der Türkei, auf Terror-Anschläge in Europa. Ist es nicht … und ist es irgendwie doch.

Der Einstieg: Palmen berichtet von einem Mann, der sie töten wollte. Aus Liebe. Es aber dann doch nicht tat und ihr statt dessen Champagner schickte.

Die Thesen: Palmen führt aus, wie ihrer Meinung nach die Mörder von Idolen/Berühmtheiten nicht mehr zwischen echt und unecht (Fiktion) unterscheiden können, zwischen öffentlichem Schein und Sein. Wesentlicher Grund hierfür sei die Einseitigkeit der Beziehung zwischen Berühmtheit und Fan: ökonomisch wechselseitig, ein gegenseitiges Geben und Nehmen, aber emotional einseitig. Der Fan wird von seinem Idol nicht als Individuum wahrgenommen. Das Idol bringt dem Fan im Krankheitsfall keine Gemüsebrühe ans Bett. Diese Einseitigkeit der emotionalen Beziehung bringt den Fan dazu, das Idol wie ein Symbol und eben nicht wie einen lebendigen Menschen wahrzunehmen.

Der Attentäter tötet in seiner Vorstellung keinen Menschen… „Für eine Philosophie des modernen Mordes muß man auf die Terminologie der Fiktion zurückgreifen. Mörder können ihre Opfer nicht als echte Personen sehen. In ihren Augen ermorden sie eine Figur aus ihrem idiosynkratischen Filmszenario, Theaterstück oder Roman, ein Symbol, eine Ikone. Alles, nur nicht einen leibhaftigen Menschen.“ Hierauf basiert inhaltlich auch der sehr viel treffendere Original-Titel „Iets wat niet bloeden kann“, Das, was nicht bluten kann.

Palmen führt aus, dass in ihren Augen die fanatische Verfolgung einer idealen Vorstellung vom richtigen Leben zur Verachtung anderer Menschen führen kann. Dies gelte für Glaubensfanatiker, Abstinenzler, Geizhälse und andere in gleicher Weise: „Die selbst auferlegten Beschränkungen und die daraus erwachsende einseitige Sichtweise treten an die Stelle des Denkens, der Reflexion, der Erinnerung, des Schmerzes, der Selbsterkenntnis und der Unterhaltung realer Beziehungen. (…) Der Fanatiker widmet sich einem  Projekt oder Ziel nicht um dessen Bedeutung willen, sondern weil er sein eigenes Bedürfnis danach, sich mit etwas verbunden zu fühlen und sich dem völlig zu widmen, befriedigen möchte. Über seinen Fanatismus hinaus braucht der Fanatiker nichts und niemanden, um sich überlegen zu fühlen.“

In der Regel können besondere Situationen, in denen einer der beiden eine Rolle – öffentlicher Schein – spielt, gut verstanden werden, da sie sich in einem bestimmten, eng definierten Raum abspielen, so Palmen. Sie führt als Beispiele Psychiater, Nonnen, Huren und Schauspieler an. Als deren Produkte seelische Betreuung, Glaube, Sex und Spiel. In der modernen Medienkultur jedoch fehlt laut Palmen diese Form der räumlichen Abgrenzung: „Personen des öffentlichen Lebens unterhalten die gleiche Beziehung zur Gesellschaft wie der Psychiater, die Nonne, die Hure und der Schauspieler, nämlich eine ökonomisch wechelseitige und symbolisch einseitige. Auch sie tun dies ohne Ansehen der Person. Der Politiker, der Popstar, die Fernsehgröße, der Künstler und der Schriftsteller liefern ein Produkt gegen Bezahlung, und dieses Produkt ist an eine symbolische Persönlichkeit oder ein Image gekoppelt (…) Und weil definierende und schützende Grenzen fehlen, empfinden wir (sie) als vogelfrei.“

Bespiele für moderne Morde, die Palmen in ihrem Buch heranzieht, sind diejenigen von John F. Kennedy, John Lennon, Pim Fortuyn und Gianni Versace sowie die Attentate auf Andy Warhol und Ronald Reagan, ebenso die Selbsttötungen von Marilyn Monroe und Elvis Presley.

Das Buch ist 2004 in den Niederlanden erschienen. Gelesen habe ich die deutsche Übersetzung von Hanni Ehlers. Die Sprache kommt derart einfach daher, dass es fast passiert, den Grad der Komplexität bei den Inhalten zu übersehen.

Jedem Leser und jeder Leserin von Zeitungsartikeln und Büchern, die sich mit moderner Gewalt beschäftigen, sollte ihre Zeit für diese 100 Seiten von Connie Palmen nicht zu schade sein.

The dream of enlightenment: The rise of modern philosophy. Anthony Gottlieb

„Men must think for themselves.“ Dieser möglichen Quintessenz der Werke von Locke, einem der Protagonisten der Philosophie der Aufklärung, folgt Anthony Gottlieb im zweiten Band seiner Philosophiegeschichte aufs Beste.

Gottlieb ist ein erstaunlicher Autor. Er vermittelt sehr überzeugend den Eindruck, dass er all die Philosophen und ihre Werke, über die er schreibt, tatsächlich selbst gelesen hat. Dass er sich eigenständig Gedanken gemacht hat über das Gelesene und nicht nur bei anderen abschreibt. Dass er es verglichen hat mit dem, was andere über diese Philosophen gesagt oder oft: behauptet haben. Dass er die Ergebnisse auf eine pointierte, amüsante und interessante, leichtfüssig-tiefschürfende Art und Weise literarisch-sorgfältig zu Papier gebracht hat. Dass er dafür sogar noch einen Verlag gefunden hat. Und – vielleicht das Erstaunlichste überhaupt – dass er zahlreiche Leser findet. Vielleicht eine der besten Nachrichten bisher im Jahr 2017.

Auf den meisten englischen Büchern finden sich Zitate aus Rezensionen. Immer sind diese positiv. Deutlich seltener kann man sich selbst diesen Zitaten am Ende vorbehaltlos anschließen. Bei diesem Buch gelingt das: „delightfully written und wonderfully instructive“, „as enjoyable as he is intellectually stimulating“, „written with both wit and scholarship“, „never seen a discussion of philosophy as fun to read“. Besonders gelungen ist wieder einmal eine Rezension im Guardian, die auch eine gute inhaltliche Zusammenfassung des Buchs bietet (auf die Leser dieses Blogs sonst – wie so oft – verzichten müssen, da wir ja zum Selberlesen anregen wollen).

Ach, und mutig ist Gottlieb auch, indem er sich konzentriert. Er beginnt mit der Beobachtung: „Western philosophy is now two and a half millenia old, but a great deal of it came in just two staccato bursts lasting some 150 years each. The first was in the Athens of Socrates, Plato and Aristotle (…). The second was in northern Europe, in the wake of Europe’s wars of religion and the rise of the Galilean science. It stretches from the 1630s to the eve of the French Revolution in the late eighteenth century.“ Alles, was nicht wesentlich ist, lässt Gottlieb weg, und beginnt seine Geschichte der Philosophie der Aufklärung mit Descartes. Mit Hume ist dann Schluss. Pech für Francis Bacon (der aber dann doch in Zitaten zu seinem Recht kommt), Pech auch für Rousseau und Voltaire (die aber im Schlusskapitel nebeneinander, wie im Pantheon, mit ihren Unterschieden, wie in ihrem Leben, gewürdigt werden).

Ohne auch nur im Ansatz schematisch zu wirken, sondern mit (fast) soviel Variationsreichtum wie Bach in seinen Goldberg-Variationen, stellt Gottlieb immer die Biographie, die Hauptwerke, die philosophischen Hauptgedanken und auch die Nachwirkung der verschiedenen Philosophen dar. Praktisch immer ist er frei von Ehrfurchtsgeraune. Nie versteckt er eigene gedankliche Leere hinter obskurantistischen Formulierungen, wie sie manche Philosophen und viele deutsche Wissenschaftler pflegen. Wenn Gottlieb selbst etwas nicht überzeugt oder einleuchtet, dann schreibt er das auch und reduziert so die Hürde auch für philosophisch weniger hartgesottene Leser. Wenn Leibniz etwas nicht besonders gut mit einem Beispiel erklärt, schreibt Gottlieb: „This little thought-experiment does not settle anything, but it neatly expresses a common intuition.“ Woraus auch zu erkennen ist, dass Gottlieb uneitel und nicht besserwisserisch schreibt, frei von herablassender Häme, die journalistisch geprägten Autoren sonst gelegentlich mit in die Feder fließt. Es scheint ihm viel Vergnügen zu bereiten, anderen Philosophen hinterherzudenken.

Vor diesem Buch hätte ich nicht gedacht, dass ich Neugier und Lust entwickeln könnte, den Tractatus theologico-politicus von Spinoza oder gar das historisch-kritische Wörterbuch von Pierre Bayle zu lesen. Da habe ich mich sehr getäuscht.

Übrigens: Vom ersten Band war ich ebenfalls schon letztes Jahr sehr angetan wie in einem anderen Blogbeitrag vermerkt.

Und außerdem: Im spanisch- oder holländisch-sprachigen Ausland gibt es Gottlieb schon in Übersetzung. Im Land der Dichter und Denker offenbar nicht.

Josiah Wedgwood – Entrepreneur to the Enlightenment. Brian Dolan

Wedgwood? Das sind doch diese kitschigen englischen Väschen und Tellerchen, oder?

„Wedgwood“ war einmal DAS Porzellan (eigentlich Keramik) für Europa, für Amerika, für Russland. Königinnen und Zarinnen, Adelige und Wohlhabende in fast aller Herren Länder wollten Wedgwood. Und waren bereit, sehr viel Geld dafür zu zahlen. Wie kam das?

Das Buch von Brian Dolan zeichnet nach, wie ein Junge aus einer eher ärmlichen Familie zu einem hochgeachteten, berühmten und reichen Töpfer werden konnte, der fast 300 Menschen in seinem Werk beschäftigte.

Wer war Josiah Wedgwood?

Josiah Wedgwood (1730 – 1795) war ein englischer Töpfer und Geschäftsmann, Gründer der Wedgwood Company. Er gilt als Erfinder der industriellen Fertigung von Töpferwaren  durch Arbeitsteilung und auf diese Weise stark reduzierten Produktionskosten. Seine Erfindungen weckten Begeisterung bei Kunden und wurden rasend schnell – wo immer möglich – von seinen Konkurrenten kopiert.

Was zeichnte Josiah Wedgwood aus?

Wedgwood glaubte als Mitglied einer reform-protestantischen Minderheit daran, dass die Erforschung der Natur ihre tiefe Würdigung als Gottes Schöpfung darstellt. Er sah unternehmerischen Erfolg als Verantwortung zur Förderung des Gemeinwesens.

Erfindertum

Wegdwood war nicht nur ein hervorragender Töpfer, er war auch ein systematischer, kreativer Erfinder. In den Nächten experimentierte er mit Metallen, um unterschiedliche Glasur-Effekte zu erzielen, mit Brenntemperaturen, Ton-Zusammensetzungen und neuen Formen. Seine Experimente hielt er in seinen Notizbüchern in Code fest.

Marketing-Geschick

Fast scheint Wedgwood geahnt zu haben, was seine Klientel wünschen können müsste. Alle Ansatzpunkte verfolgte er mit Methoden, die sehr modern wirken. Schaufenster-Gestaltung, Produkt-Zyklen und Testimonials bekannter Personen: All dies setzte er ein.

Glück

Wedgwood hatte Glück – und hat dieses am Schopf gepackt: Seine Frau Sarah Wedgwood sah sich als Unternehmer-Frau, er fand in der Lunar Society Freunde, die eine bessere Ausbildung genossen hatten und seine Ideale teilten, er erfüllte die ausgefallenen Wünsche mächtiger Kunden.

Meilensteine

Helles Steingut in der Farbe von Porzellan

Wedgwood erfand eine Glasur, die – bis dahin in einzigartiger Weise – Geschirr fast weiß und ebenmäßig glatt aussehen ließ. Die Keramik wirkte fast wie Porzellan. Hiervon ließ sich auch Königin Charlotte begeistern. Danach die russische Zarin.

Jasper-Ware

 Eine sehr erfolgreiche Erfindung Wedgwoods war ein durchgefärbter, matter Ton. Auf diesen konnte er außerdem hauchdünne weiße Schichten aufbringen. Beliebt waren Kannen, Tassen, Schmuck, aber auch Schuhschnallen aus diesem Material.

Dekorative Vasen

Wedgwood nutzte die Begeisterung der Adligen und akademisch Gebildeten für die Antike, indem er klassizistische Motive verwendete. Außerdem: Als er bemerkte, wie groß die Leidenschaft für antike Vasen wurde und wieviel Geld Sammler für diese ausgaben, hatte er die brilliante Idee, extrem hochwertige dekorative Vasen herzustellen. Sein Coup war die Kopie einer römischen Glasvase, die sogenannte Portland Vase (Foto rechts). Wedgwoods Kopien von dieser waren eine Sensation. Mehr Publicity geht nicht.

Buchbeschreibung: „An intriguing examination of the life and times of Josiah Wedgwood, potter to the Queen, and an Enlightenment pioneer. Brian Dolan combines the remarkable story of Josiah Wedgwood, the English potter whose works are among the finest examples of ceramic art, with the story of the 18th-century world of industry, fashion and connoisseurship.“

Ein tolles Buch!

Triumph der Musik. Tim Blanning

Eine der deutschen Ausgaben hätte einen fast abschrecken können: Edition Elke Heidenreich bei C. Bertelsmann. Wahrscheinlich kein besonders substanzielles Buch. Eher etwas Leichtes, Schmökeriges. Wie ist denn Tim Blanning an Elke Heidenreich geraten? Und dann auch noch der Titel: „Triumph der Musik“. Hätte fast Rosamunde Pilcher so titulieren können. Oh je. Lieber nicht kaufen.

Aber ich habe diese deutsche Ausgabe erst entdeckt, als ich die englische schon gelesen hatte.

Der deutsche Klappentext trifft den Inhalt gar nicht schlecht: „Wie kommt es, dass Mozart, eines der größten musikalischen Genies, wie ein lästiger Parasit behandelt wurde und völlig verarmt starb, während sich Politiker heute Rat bei U2-Sänger Bono holen und Opernsänger Spitzengagen bekommen? Der renommierte britische Historiker Tim Blanning zeichnet den unglaublichen Aufstieg des Musikers und seiner Kunst vom Barock bis heute nach. Welche gesellschaftlichen, politischen und technischen Neuerungen haben bewirkt, dass die Musik vom kirchlichen und höfischen Beiwerk ins Zentrum einer Massenkultur gerückt ist, deren unangefochtene Protagonisten – weit über den Persönlichkeitsstatus eines Richard Wagner und Franz Liszt hinaus – heute Popstars wie Paul McCartney sind? Reich an Fakten, Anekdoten und verblüffenden Querverweisen ist Blanning eine informative, lehrreiche und höchst unterhaltsame Kultur- und Sozialgeschichte der Musik gelungen.

Also doch ein ausgezeichnetes Buch? Auf demselben hohen Niveau wie Blannings Bücher über Friedrich den Großen und über die Epoche von 1648 bis 1815?
Gut schon, ausgezeichnet eher nicht. Bei aller Brillanz im Einzelnen und auch bei aller umfassenden Belesenheit von Blanning, drei Haken hat das Buch für mich:

  • Blanning beschreibt den Aufstieg der Musik anhand von fünf Elementen: Status, purpose, places and spaces, technology, liberation. Jedem dieser Elemente widmet er ein Kapitel, in dem er dann chronologisch vorgeht, immer von 1700 bis heute. Fünf mal von 1700 bis heute ist aber anstrengend, etwas repetitiv und behindert Blanning darin, die Querbezüge zwischen den fünf Elementen herauszuarbeiten.
  • Vielleicht auch wegen dieses gewählten Buchaufbaus bleibt Blanning oft ungewohnt seicht und hastet gleich wieder weiter. Aspekte werden angerissen, Anekdoten erzählt, aber immer leicht vordergründig.
  • Nicht zuletzt: Die Linie steigt zu ungebrochen, zu triumphalistisch, zu glorios. Von Beethoven bis Bono, von Mozart bis Madonna, von Haydn bis Hip-Hop, von Stradivari bis Stratocaster, die Bedeutung der Musik wächst und wächst, der Triumph wird immer vollkommener, die anderen Künste bleiben mehr und mehr zurück. Sogar die Politik räumt der Musik das Feld.

Auch andere sind nicht durchgehend euphorisch, bei allem verdienten Lob für das Buch, so etwa der Guardian und der Telegraph. Der Telegraph bemerkt aber auch anerkennend: „It may (…) be the only work written by a Cambridge professor to include a comparative description of The Rubadubbers and Bob the Builder“ und  bezeichnet das Buch als „extraordinarily wide-ranging and stimulating“.

In Sachen Anekdoten ein Auszug über die Liedtraditionen der Franzosen während Ludwig XIV.:
„Especially during the glory days of Louis XIV’s reign (1643-1715), there were so many songs celebrating his latest triumphs as to constitute a musical history of his campaigns, as their self-explanatory titles reveal: ‚On the Second Capture of Besançon during the Months of April and May 1674‘ (…). Some songs even criticised the conduct of the war. The duc de Luxembourg cannot have enjoyed hearing ‚On Henry de Montmorency-Luxembourg Who Did Not Hurry Himself Enough to Help Philippsbourg in 1676‘, for example. The most durable proved to be ‚Marlborough Goes to War‘ (Marlborough s’en va-t-en guerre), sung to the tune of ‚For He’s a Jolly Good Fellow‘.
Da kann man als Leser und Leserin gleich mit den Franzosen mitsummen.

In Summe und trotz der genannten Haken: Gut und flott geschrieben, kenntnisreich, ohne gelehrt zu wirken; man lernt viel dazu, erhält ungewohnte Perspektiven, wird zum Denken (und Musik-Hören) angeregt. Ideal als Weihnachtsgeschenk. Passt also schon gar nicht so schlecht: Edition Elke Heidenreich.

 

 

Demenz bei Hunden: Remember Me? Eileen Anderson

„Remember me? – Loving and Caring for a Dog with Canine Cognitive Dysfunction“ von Eileen Anderson gibt Hilfestellung beim Umgang mit einem älter gewordenen Hund, der langsam sein Gedächtnis verliert.

Remember Me?: Loving and Caring for a Dog with Canine Cognitive Dysfunction by [Anderson, Eileen]

Die Autorin nutzt die persönliche Erfahrung mit ihrer Hündin Cricket, um zu erklären, welche Symptome Gedächtnisverlust und Demenz bei Hunden mit sich bringt und auf welche Weise mit ihnen ganz praktisch im Alltag umgegangen werden kann.

Typische Symptome von Demenz bei Hunden

  • Hunde sind weniger stubenrein
  • Hunde haben Schwierigkeiten, neue Dinge zu lernen
  • Hunde suchen seltener die Aufmerksamkeit oder wirken zurückgezogen
  • Hunde reagieren verängstigt, scheu oder meiden ihnen bekannte Menschen
  • Hunde schlafen öfter bei Tag und weniger oft in der Nacht
  • Hunde wirken verwirrt oder verloren
  • Hunde haben Schwierigkeiten, aus engen Ecken herauszufinden
  • Hunde vergessen bekannte Routinen oder beginnen diese und stoppen auf halbem Weg
  • Hunde verlieren sich auf bekannten Wegen
  • Sie bellen ohne Grund und für längere Zeiträume
  • Sie zittern ohne äußeren Grund
  • Sie fallen von Erhebungen herunter
  • Sie haben Schwierigkeiten ihre Näpfe zu finden, das Futter in das Maul hinein zu befördern  und das Futter im Maul zu behalten
  • Sie haben Schwierigkeiten, in ihr Körbchen hineinzukommen.

Leseprobe: „Is your dog starting to get stuck in corners, stare at walls, or act a little distant? Is he pacing in circles, barking for no apparent reason, or forgetting his housetraining? These or other behavioral changes may indicate that he is developing canine cognitive dysfunction, a disease akin to Alzheimer’s.“

Themenbereiche des Buchs

Das Buch ist in diese Kapitel eingeteilt:

  • Loving a Dog with Dementia: Cricket’s Story
  • Does your Dog Have Dementia?
  • Is There a Treatment?
  • How to Help Your Dog: Setting Up Spaces, Routines and Enrichment
  • How to Help Your Dog: Specific Challenges
  • Supplies
  • How to Help Yourself
  • Quality-of-Life Considerations
  • Is the End Near?

„Remember me“ ist ein sehr gut lesbarer, kenntnisreicher Ratgeber für Hunde-Besitzer. Die Erzählweise ist sachlich, auch wenn Themen bearbeitet werden, die anrührend und traurig sind. Hilfreich sind auch die vielen Fotos von Cricket, die die gemeinten Situationen exakt zeigen. Immer dort, wo die Autorin kein Foto ihres eigenen Hundes nutzen kann, stellt sie die spezifische Situation mit einem Plüsch-Hund nach.